Steve Earle & The Dukes – Jerry Jeff

Steve Earle & The Dukes
(c) Danny Clinch

Tribute-Platten sind keine Seltenheit im Fundus von Steve Earle – für große Wegbegleiter wie Townes Van Zandt und Guy Clark, aber auch für seinen eigenen Sohn. Im Oktober 2020 erlagt Jerry Jeff Walker seinem Krebsleiden im Alter von 78 Jahren. Walker, dessen bekanntester Song ohne Frage das vielfach gecoverte „Mr. Bojangles“ ist, zählte zu Earles frühesten Vorbildern. Später sollte er zu Walkers Fahrer werden und unter seiner Ägide einem gewissen Neil Young vorspielen. „Jerry Jeff“ widmet sich dem Fundus des alten Freundes.

Bei einem dem Leben Walkers gewidmeten Konzert performte Earle das launige „Hill Country Man“, natürlich einer der Eckpfeiler dieser Platte. Es ist eine charmante Nummer, ein Powerhouse, das Opus Magnus des eigentlich aus dem Bundesstaat New York stammenden Songwriters. Earle fängt den unterschwelligen Hippie-Charme des Tracks gekonnt ein. Im krassen Gegensatz dazu steht „Old Road“, der in zwei Minuten abgefrühstückte Rausschmeißer, Country und Folk nahestehend. Komplette Reduktion – Stimme und Mundharmonika – geben den alten Reisenden, den singenden Vagabunden, den Troubadour der Volksseele.

Natürlich covert Earle „Mr. Bojangles“. Walker lernte diese unbekannte Figur, ein alkoholkranker Drifter und talentierter Stepptänzer, im Gefängnis in New Orleans kennen. Die Kombination von Folk-Tönen und flottem Rhythmus, bekannt durch diverse Bearbeitungen, trifft auch in dieser Version mitten ins Herz. Davor wartet das spritzige „I Makes Money (Money Don’t Make Me)“, ein wunderbarer Track mitten aus der texanischen Seele, fast schon rasant und hektisch, ein einziger Wortschwall, atemlos und unterhaltsam. „Gettin‘ By“ eröffnet die Platte und könnte das Motto des verstorbenen Musikers sein, eine wunderbare Zusammenführung von Country, Folk und Americana, für die sich The Dukes die Seele aus dem Leib spielen.

Steve Earle steht für Qualität, seine Tribute-Platten sind stets ein Gewinn. „Jerry Jeff“ ist gewiss keine Ausnahme. Die Songauswahl stimmt absolut, die Band spielt mit unglaublichem Elan, dazu singt der alte Meister in mittlerweile vertrauter Bestform. Von unverzichtbaren Standards bis hin zu kleinen, weniger bekannten Perlen wird Jerry Jeff Walkers Werk auf verdiente, vielfältige und kurzweilige Weise zelebriert. Einmal mehr lädt Steve Earle mit seinen Interpretationen ein, das Schaffen eines alten Weggefährten zu erkunden. Man wird es nicht bereuen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 27.05.2022
Erhältlich über: New West Records (Bertus)

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