Crocodiles – Endless Flowers

Crocodiles

Das ultimative Sommeralbum wurde gefunden. „Endless Flowers“ heißt es, kommt von den Crocodiles und kombiniert bezaubernd schöne Melodien mit Lo-Fi-Pop und einem Hauch Schwärze. Ende der Diskussion? Mitnichten, schließlich muss zelebriert werden, dass nach den ersten beiden, nur über Import erhältlichen Platten endlich ein Werk der Band aus San Diego, Kalifornien auf offiziellem Weg nach Deutschland kommt. Brandon Welchez und Charles Rowell, ehemals bei den Chaoten Some Girls und The Plot To Blow Up The Eiffel Tower zugange, haben ihr Line-Up mittlerweile zu einem Quintett ausgebaut und einen nackten, androgynen Mann aufs Cover gepackt, der einen Strauss Rosen trägt und obendrein Jesus heißt. Noch Fragen?

Eigentlich müsste es eher heißen: noch Antworten? Als beste Sub Pop-Band, die nicht auf jenem Kultlabel beheimatet ist – bei den mindestens ebenso sympathischen und engagierten Menschen von Souterrain Transmissions ist man aber ebenfalls hervorragend aufgehoben – schrammeln sich die US-Amerikaner durch gut 41 Minuten Indie-Pop mit starker Noise- und Lo-Fi-Schlagseite, wirken dabei wie noch melodischere This Love Is Deadly mit dezentem Hang zu Fatalismus. Die beiden Singles lässt man gleich zu Beginn vom Stapel. „Endless Flowers“ ist der Überhit dieser Platte, ein Dickicht an Gitarren, unterlegt von zuckersüßen Melodien und einem unverschämt eingängigen Refrain. Etwas druckvoller und rockiger fällt „Sunday (Psychic Conversation #9)“ aus, das sogar eine Prise „In Utero“ und Beach-Pop mit ins Gepäck nimmt. Gerade die kaum durchschimmernde Orgel macht Laune, ebenso die 16:9-Vocal-Harmonien.

Hinter den beiden Singles bleibt die Qualität hoch. Das entspannte „No Black Clouds For Dee Dee“ klingt nach Mando Diao in Zeitlupe, jedoch ohne nervige Gesangsduelle, während der „Electric Death Song“ mit einem weiteren großartigen Refrain zubeißt. An „My Surfing Lucifer“ werden sich freilich die Geister scheiden. Nach gut zwei Minuten Seance und einigen deutschsprachigen Zeilen, wenden sich Crocodiles einem tiefschwarzen Surfsong zu, flechten sogar kleinere Beach Boys-Harmonien ein. Klingt wie The Drums in Endlosschleife, auch ein Saxophon kommt da irgendwo durch. Auch „Bubblegum Trash“ weiß zu überzeugen, definiert sich über einen ganz speziellen 60s-Vibe und schleppt sich durch zahlreiche Tonartenwechsel. Es geht auf und ab, die bizarren Backings, vermutlich von Schlagzeugerin Anna Schulte, geben dem Track ein leicht entrücktes Feeling.

Wenn man am dritten Crocodiles-Album etwas bemängeln möchte, dann wohl das Ende. Mit den beiden relativ kurzen, passablen, aber doch schnell in psychedelische Effektgerät-Untiefen abdriftenden Rausschmeißern „Welcome Trouble“ und „You Are Forgiven“ hat man sich für Durchschnittsware entschieden, für eine suboptimale Lösung. Das trübt den Eindruck zwar ein wenig, ändert aber dennoch nichts daran, dass „Endless Flowers“ eine mächtige Platte ist, mit Sicherheit DAS Indie-Sommeralbum 2012. Der Titeltrack, „Sunday (Psychic Conversation #9), „Electric Death Song“ und sogar „My Surfing Lucifer“ sind Pflicht, Sound und Präsentation sind einzigartig, so bekannt die Zutaten auch sein mögen. Vielleicht sind Crocodiles doch eine Antwort, nämlich auf jene Süchtler, die nach unverschämt eingängigen Nachfolgern von My Bloody Valentine suchen.

VÖ: 01.06.2012
Souterrain Transmissions (Rough Trade Distribution)

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