Gloria – Gloria

Gloria

Während sich Wir sind Helden eine Auszeit auf unbestimmt nehmen, bleibt ihren Mitgliedern Zeit für andere Aktivitäten. Mark Tavassol räumt nun seinem langjährigen Hobby- und Spaßprojekt Gloria ein wenig Platz ein, bei dem er als Songschreiber, Multi-Instrumentalist und Produzent tätig ist. Sein Sänger und Mitstreiter: Moderator Klaas Heufer-Umlauf („Circus HalliGalli“). ‚Spaßprojekt‘ ist hier keineswegs als Comedy-Nebenschauplatz zu verstehen, denn das Duo macht gemeinsam ernsthafte Musik, und das mittlerweile seit 2008. „Gloria“ heißt das Debütalbum und weiß zu überraschen.

Der Auftakt „Warten“, zu dem es auch ein Video gibt, führt auf eine falsche Fährte, was die durchaus schwungvolle Instrumentierung, die einen Hauch von Aufbruchsstimmung versprüht, betrifft. „Gloria“ lebt von Wehmut, Nachdenklichkeit und instrumentalem Understatement, was keineswegs heißt, dass dieser Auftakt schlecht sei. Zunächst wird man vom unausgeglichenen Sound auf dem falschen Fuß erwischt, der sich wie eine Wolke über die intensive Instrumentierung liegt. Man gewöhnt sich daran – wie man sich auch an Klaas Heufer-Umlaufs Gesang gewöhnt, der tatsächlich gut ist. Ein begnadeter Sänger mag der Moderator nicht sein, seine suchende Stimme passt dafür perfekt zum bedrückenden Klangbild und erinnert in so mancher gepressten Harmonie entfernt an Herbert Grönemeyer. Klingt komisch, ist aber so.

Man muss sich einer Momentaufnahme behelfen, um so etwas wie eine Vergleichsmöglichkeit zu finden, denn das lakonische Narbengewebe Heufer-Umlaufs ist irgendwie anders, wirkt speziell und gerade deswegen faszinierend. Zu den Highlights der Platte zählt „Regen“, eine Cover-Version der sträflich unterschätzten Enno Bunger. „Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus“ – es ist eine von vielen Zeilen für das Indie-Poesiealbum. Bestens bekannt und in der sechs Minuten langen Album-Version ein echter Gewinn: „Eigenes Berlin“, dessen Melancholie in einen schwerfälligen, durchaus eingängigen Refrain mündet. „Weil ich nachts nicht mehr schlafen geh, schweigst du mich an, ich schweig zurück“ – das stille, missmutige Berlin lebt eine gewisse Hassliebe, eine ungewollte Verbundenheit im ausladenden Instrumentalteil aus. Bass, Gitarre, Piano und Trompete üben sich in charmantem Minimalismus, bevor das Schweigen vom nunmehr intensivierten Arrangement ein weiteres Mal besungen wird.

Kurz ist dieses „Gloria“, mit unter 40 Minuten übersichtlich und auf den Punkt gebracht. Es ist letztlich ein Stimmungsalbum, eine Platte, für die man aufgelegt sein muss, um sich nicht von Songs wie „Gute Nacht, bis morgen“ oder „Solange du mich lässt“ verschlingen zu lassen. Für Ausfälle haben Tavassol und Heufer-Umlauf ebenso wenig Zeit wie für kleine Indie-Hits, was im Endeffekt nicht stört. Irgendetwas fehlt dem Gloria-Debüt, ein echtes Statement, ein Powerhouse; und doch macht das Weglassen eines offensichtlichen Chartsongs Sinn für diesen Batzen Schwermut mit einem kaum wahrnehmbaren Silbersteif am verschwindenden Horizont. Das große „Bäh“ erklären Gloria zur Kunst, getragen von guten Texten, mittelprächtiger Produktion und ansprechendem Anti-Pop.

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Gloria
VÖ: 27.09.2013
Grönland Records (Rough Trade Distribution)

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