Jim Ward – Daggers

Jim Ward
(c) Christ Chavez

Jim Ward hat sich erneut verliebt; und zwar in die Musik, denn das Verhältnis der Beiden war zuletzt etwas angespannt, um es höflich auszudrücken. Das Comeback von Sparta aus dem Vorjahr setzte mit einem neuen Songwriting- und Recording-Ansatz frische Energien frei, und motivierte Ward, eine neue Soloplatte aufzunehmen. Anstatt jedoch den erwarteten Singer/Songwriter-Weg weiterzugehen, wollte der Protagonist endlich wieder lauter unterwegs sein. Von seinen guten Freunden Tucker Rule (Schlagzeuger bei Thursday) und Ben Kinney (Bassist bei Incubus) unterstützt, entstand das herrlich launische und harmonische „Daggers“.

Zwar konnte man aus bekannten Gründen nie gemeinsam in selbem Raum sein, doch die Kombination aus einem re-vitalisierten Ward und kompletter kreativer Freiheit für seine Mitstreiter wirft Erstaunliches ab. Der Opener führt zunächst auf eine falsche Fährte. Ward gibt in „Day By Day“ zunächst den Bright Eyes-Imitator, dann kippt der Track und geht auf laute, punkige Barrikaden. Damit wäre der Takt vorgegeben, denn in weiterer Folge entwickelt sich ein spannendes Wechselbad der Gefühl. Bereits das folgende „Blink Twice“ ist schroff, kantig und spielt mit den Post-Hardcore-Wurzeln Wards, bemüht sich aber ebenso um kernige, hymnische Klänge. Der Refrain lässt sich wunderbar mitbrüllen.

Unter den Vorboten ragt „I Got A Secret“ heraus, gemeinsam mit Shawna Potter von War On Women intoniert. Punkiger Biss, ruppige Explosivität und zwei Stimmen, die von der ersten Sekunde an unter Strom stehen, treten einen Anti-Hit los. In aller Kürze glänzt „Polygraph (Attack)“ mit entstellen Wave-Gitarren, die sich langsam durch das kratzbürstige Äußere arbeiten. Im bereits bekannten „Paper Fish“ bemüht sich Ward um einen echten Rock-Refrain mit ungewöhnlichem Takt und quälender Finsternis rundherum. Der Abgrund scheint stets nah, den Song hört man sich prima schön. Schließlich explodiert im abschließenden „King Yourself“ der Kessel mit angriffslustigen Gitarren, einer peitschenden All-Star-Rhythmusabteilung und erneuter nachdenklicher Schwere, die mit Alternative-Gefilden kollidiert. Klingt komisch, unterhält aber.

Dieser sicherlich eigenwillige Leitsatz lässt sich prima auf „Daggers“ umlegen. Nein, so hat man sich den neuesten Solo-Ausflug von Jim Ward nicht vorgestellt, solche Klänge wohl eher bei Sparta erwartet. Herrscht also verkehrte Welt beim Post-Hardcore-Veteran? Nun, das ist letztlich komplett egal, denn es zählt nur das Ergebnis. Und das spricht für sich, denn nach einem vergleichsweise zarten Herantasten mit der vermeintlichen Band geht Ward durch die sprichwörtliche Decke. Zehn richtig gute Songs, kleine Überraschungen und eine herrlich schroffe Präsentation mit nicht minder smarten Widerhäkchen können durchaus begeistern. Ein Jim Ward zurück in Bestform, das macht Laune.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 11.06.2021
Erhältlich über: Dine Alone Records (Membran)

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