Jaye Jayle – Don’t Let Your Love Life Get You Down

Jaye Jayle
(c) Chris Jenner

Während Young Widows ihre Aktivitäten auf ein absolutes Minimum zurückschraubten, suchte Sänger und Gitarrist Evan Patterson nach einem neuen kreativen Outlet. Als Jaye Jayle veröffentlicht er seit geraumer Zeit Solo-Alben mit Band-Besetzung, wobei „Prisyn“ vor drei Jahre die Distanz suchte und ganz alleine mit Synthetik experimentierte. Zwar kehrt Jayle für sein neuestes Werk wieder zurück zum erweiterten Line-up, nimmt entsprechende musikalische und kreative Erkenntnisse jedoch mit. „Don’t Let Your Love Life Get You Down“ scheint von einer steten, bluesig-jazzigen Düsternis begleitet, die auf erstaunlich passende Weise mit Singer/Songwriter und Americana kollidiert.

Dass das so wunderbar funktioniert, ist unter anderem der Verdienst von Chelsea Wolfe-Mastermind Ben Chisholm, der seine düsteren Schwingen ausbreitet. Während das eröffnende „Warm Blood And Honey“ noch einen kurzen Aufgalopp darstellt, der auf die folgenden Rohdiamanten vorbereitet, lässt sich bereits in diesen knapp drei Minuten die für Jayle etatmäßige Eigensinnigkeit erkennen, so vertraut und doch weit weg von allem anderen. Die schiere Wucht des folgenden „The Party Of Redemption“ lässt das Gebälk erzittern. Schleppend und doch laut trifft Blues auf Gaze, schön verzerrt und zugleich konkret. Düstere Beklemmung schlägt die Brücke zu Nick Cave & The Bad Seeds sowie dem Grinderman-Nebenschauplatz – unheimlich, unheimlich schön.

Am anderen Ende des Albums wartet die nächste Meisterleistung. „When We Are Dogs“ scheint sich zunächst unscheinbar durch Low’sche Steppenlandschaften zu schleppen. Nach und nach dringt jedoch die zermürbende Schönheit an die Oberfläche, begleitet von Bonnie „Prince“ Billy und Multi-Instrumentalist Patrick Shiroishi. In der zweiten Hälfte spielt sich der Monolith in einen Noise- und Jazz-Rausch, angenehm entstellt und doch so konkret. Im Vergleich dazu wirkt „That Snake Bite“ fast schon brav und lieblich, wenngleich die dauerhafte, undurchdringliche Bedrohung hier kräftig impliziert wird. Ein manischer Basslauf und nicht minder unheilvolle Synthetik schließen den Bund für die gespenstische Ewigkeit.

So wunderschön kann unangenehme Musik sein: Stetig glaubt man bei Jaye Jayle, dass der absolute Untergang jeglichen Seins bevorsteht, während sich die Seele des Protagonisten mit wachsender Begeisterung häutet und zersetzt. „Don’t Let Your Love Life Get You Down“ führt die Ansätze der letzten beiden Alben gekonnt zusammen, begleitet von exzellenten Musikern und einer um Welten finstereren Atmosphäre, was kaum für möglich zu halten war. Die Mördergrube fühlt sich in schier unendlichen Noir-Weiten wohl und liefert einen eindrucksvollen Leckerbissen, an dem sich Patterson wohl künftig messen lassen muss.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 14.07.2023
Erhältlich über: Pelagic Records (Cargo Records)

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