Thees Uhlmann – Junkies und Scientologen

Thees Uhlmann
(c) pertramer.at

Da ist er wieder, der gute Thees Uhlmann. Seit seinem zweiten Soloalbum, kurz und kompakt „#2“ betitelt, sind mehrere Jahre ins Land gezogen, unter anderem veröffentlichte er mit „Sophia, der Tod und ich“ einen grandiosen Debütroman. Demnächst schreibt er über die Hosen, denn irgendwer muss wohl. Aber die Musik, ja, neue Songs gibt es auch wieder. Uhlmann hatte bereits fertig, nahm jedoch erneut Anlauf und widmete sich ausschließlich Liedern, die ihm persönlich überaus nahe waren. Und sind. „Junkies und Scientologen“ hört man diese Aufrichtigkeit in jeder Sekunde an.

Natürlich klingt viel Vertrautes durch. Erinnerungen an die bisherigen Solowerke werden wach, an Tomte, aber auch an Springsteen, ein der allgegenwärtigen Großmeister. „Fünf Jahre nicht gesungen“, stellt Thees Uhlmann gleich zu Beginn fest. Die erste Vorabsingle ist ein Statement, erinnert zunächst kurz an „Cold As Ice“ und schwimmt sich schließlich mit gekonnter Lässigkeit frei. Ja, er ist wieder da. Hinterher blubbert „Danke für die Angst“, dieses wunderbare Stück Musik, dieser MOR-Flirt mit Coming of Age-Untertönen. Samtige Schals legen sich ums Moll.

Apropos Moll: Traurige Musik kann auch nach Uptempo klingen. „Avicii“ mutet beinahe punkig an und schlägt die Brücke zwischen Generationen mit ehrlichen Worten und unerwarteter Wertschätzung. Etwas Populärkultur serviert auch „Katy Grayson Perry“. Der feiste Rocker lädt Ms. Hot N Cold ein, zu Uhlmanns Label Grand Hotel van Cleef zu wechseln und ihren Schmerz zu spüren – geiler Scheiß. Feinsinnige Beobachtungsgabe schleicht sich in „Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach Hip Hop Videodrehs nach Hause fährt“, ein analytischer und doch entlarvender Exkurs. Später lässt „Ein Satellit sendet leise“ Sven Regener an die Trompete, sinniert „Was wird aus Hannover“ über den Personality-Trait Scorpions, taucht der Titelsong in packende Ketten der Assoziation ein.

Er mag jahrelang nicht gesungen haben, und doch gibt sich Thees Uhlmann in Bestform. Sein vielleicht stärkstes Album knüpft stellenweise an Tomte-Glanzzeiten ein, streut kleinfächige Überraschungen ein, die dafür doppelt einschlagen, und zerlegt den Alltag durch die persönlich gefärbte Brille mit dem Skalpell eines Meisterchirurgen. „Junkies und Scientologen“ versprüht geradezu packenden Charme und bleibt mit seinen vielschichtigen Arrangements sowie noch eindringlicheren Lyrics immer und immer wieder hängen. Die Repeat-Taste glüht, die Künstler grinst: Uhlmanns drittes Solowerk hält locker mit den großen Tomte-Klassikern mit.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 20.09.2019
Erhältlich über: Grand Hotel van Cleef (Indigo)

Thees Uhlmann @ Facebook
„Junkies und Scientologen“ @ Amazon kaufen