Khruangbin – Mordechai

Khruangbin
(c) Tamsin Isaacs

Nach über drei Jahren auf Tour rund um den Globus wollten es Khruangbin endlich wieder ein wenig ruhiger angehen, sich beim Songwriting und den Aufnahmen etwas Zeit lassen. Laura Lee Ochoa fand durch einen neuen Freund zur Entschleunigung. Sein Name: Mordechai. Seit einer gemeinsamen Wanderung samt Sprung in einen Wasserfall fühlt sich Ochoa wie neugeboren. Dieses neue Lebensgefühl schlägt sich auch im Sound der Band nieder. War Gesang für die drei Texaner bislang eine Ausnahme, ist er nun nahezu omnipräsent, selbstverständlich weiterhin mit den bestens vertrauten musikalischen Einflüssen aus aller Welt vermengt. Natürlich kann diese Platte nach der Wiedergeburt nur einen Namen tragen: „Mordechai“.

Dieses kleine Nachjustieren bekommt Khruangbin gut. Es geht nicht darum, klassische Vocal-Tracks aufzunehmen, sondern um das Füllen von Lücken, welche nach Gesang verlangten. Diese überaus elegante Erklärung der Band wirft ebenso Elegantes ab, darunter das gemächliche wie eingängige „Time (You And I)“. Khruangbin wollen die letzten Stunden eines Festivals nachzeichnen, das Ende einer Reise, das letzte Aufbäumen. Ochoas weicher und doch fordernder Gesang harmoniert prima mit der funkigen Gitarre und dem unwahrscheinlich legeren Rhythmus. Das kurze, treibende „Pelota“ mutet wie das Fundament für eine Santana-Soli an, benötigt diese jedoch nicht – lässiger Flow, tanzbare Untertöne und endlose, zeitlose Leads lassen keine Fragen offen.

Überhaupt ist dieses „Mordechai“ wieder ein herrlich harmonisches Gesamtkunstwerk geworden, bloß eine Spur gesangslastiger. So turnt eine herrliche Melodie über das schwebende „So We Won’t Forget“, in den hohen Passagen durchaus frühlingshaft, während die Rhythmusabteilung organische, druckvolle Grooves absondert. Der verträumte Funk des Openers „First Class“ schiebt das Geschehen vor sich hin, stets den Schalk im Nacken wissend. Die wunderbare Lead-Gitarre des rein instrumentalen „Father Bird, Mother Bird“ besticht ebenso durch gesteigertes Harmoniebedürfnis.

„Mordechai“ klingt auf andere Weise vertraut – ein oberflächlicher Widerspruch, schnell in Wohlgefallen aufgelöst. Natürlich hört man die eigentliche Stimme, den Gesang, nun wesentlich häufiger, aber nicht auf Kosten der elegant verwobenen, über alle Ecken der Welt reitenden Arrangements. Khruangbin machen abermals die Welt zum Dorf mit ihrem coolen Funk, feisten Dub und feinsinnigen Psychedelic Rock. Es ist die perfekte Platte, um die Augen zu schließen und auf Traumreise zu gehen – nach „Texas Sun“ der zweite Top-Release für die Texaner in diesem Jahr.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 26.06.2020
Erhältlich über: Dead Oceans (Cargo Records)

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