Daniel Blumberg – On&On
Persönliche Einschnitte inspirierten Daniel Blumberg zu „Minus“, einem Soloexkurs zwischen Dekonstruktion und halb-improvisierter Liedästhetik. Das ehemalige Mitglied von Cajun Dance Party und Yuck, zugleich ebenso als Soundtrack-Experte und bildender Künstler tätig, bricht auf Solopfaden vertraute Strukturen auf. So entstand seine neue Platte im Rahmen von Live-Sessions mit Musiker*innen der Londoner Improv-Bühne Café OTO. „On&On“ dreht sich um die Suche nach dem endlosen Lied.
Der Titelsong eröffnet mit zahlreichen Leerstellen, einem etwas besseren Flüstern und dem gemächlichen Aufbranden der Kernidee. Es geht weiter und weiter, on and on, aber ohne Ariston. Als wäre das nicht endlos genug, greift Blumberg die Idee drei weitere Male auf. „On&On&On“ hangelt sich über die Mundharmonika in den Track und findet erst zum Schluss zum Leitmotiv, „On&On&On&On“ bemüht jazzig angehauchte, bedrohlich dröhenende Muster, und das kurze „On&On&On&On&On“ bewegt sich über eine quengelnde, entfremdete Gitarre schließlich erneut zum von Streichern begleiteten Hauptteil. Geschickt über die gesamte Spielzeit verteilt, verwirrt und verstört das stete Heraufbeschwören auf spannende Weise. Und bleibt hängen.
Dazwischen gibt es aber nicht etwa Füllmaterial, sondern richtig gutes Songwriting. „Bound“ ist das etwas andere Herzstück dieser Platte, steuert sieben Minuten lang auf eine große Explosion hin, mit Singer/Songwriter, Indie-Folk und Post Rock kokettierend. Die gefidelte Distortion kreuzt Sigur Rós mit Bon Iver und Sufjan Stevens – wunderschön und bizarr zu gleichen Teilen. Schroffe Klangcollagen durchziehen „Teethgritter“, eigentlich auf einer harmonischen, frühlingshaften Idee basierend, und doch immer wieder kurz absetzend, nachdenkend, Luft holend.
Es passiert sehr viel auf diesem Album, was zumindest auf den ersten Blick keinen Sinn macht; oder keinen Sinn machen sollte, denn zwischen den Zäsuren und vermeintlichen Störsignalen verbergen sich packende Ideen. Blumbergs Songwriting-Ansatz ist vertraut und doch entfremdet, erfrischend und im Yesteryear verwurzelt. „On&On“ haftet tatsächlich etwas Endloses an, etwas Episches und stets Hinterfragendes. Instrumentalisiertes (und instrumentales) Unwissen legt sich wie ein wohliger, warmer Teppich auf die geschundene Seele – ein bezauberndes und in bestem Sinne überirdisches Werk.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 31.07.2020
Erhältlich über: Mute / [PIAS] (Rough Trade)
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