Howling – Colure

Howling
(c) Elliot Lee Hazel

Nur wenige Künstler hauchen elektronischer Musik so viel Seele ein wie Howling. Das Duo um den australischen Sänger RY X und den Deutschen Frank Wiedemann, eine Hälfte von Âme, sorgte vor fünf Jahren mit „Sacred Ground“ für verdiente Furore. Zuletzt arbeitete man abwechselnd für sich und zusammen, einzelne Songs entstanden, dazu Platten der jeweiligen Projekte. Auf „Colure“ finden X und Wiedemann erneut zusammen und beschreiben – alleine schon durch Artwork und Titel – wie diese beiden Welten, diese beiden Planeten miteinander harmonieren können.

In knapp 69 Minuten drohen Howling alleine schon aufgrund der Spielzeit zu überfordern, doch diese Befürchtung bewahrheitet sich zu keiner Zeit. So zeigt unter anderem das ellenlange „Phases“, bereits 2017 erschienen, mit seinen warmen Klängen, stellenweise technoiden Beats und RY Xs gefühlvollem Gesang, dass nach wie vor alles beim Alten ist. Wobei, eigentlich kann der Track angesichts seines Releasejahres mehr als Übergang zwischen den beiden Platten bezeichnet werden. Und doch schlägt auch das wirklich neue Material ein. „Healing“ erhöht die Schlagzahl, kokettiert mit Minimal und weitläufigen Klangflächen, erinnert stellenweise sogar an die Drift-Serie.

Die Grundidee von „The Water“ basiert auf dem gleichnamigen Song von RY Xs aktuellem Solo-Album. Aus dem Klaviermotiv wurde ein treibender, forscher Sechsminüter, ein herrlich atemloser und doch weicher Floorfiller der pulsierenden Art. Ein weiteres Highlight ist „Pieces“ mit seinem verschachtelten Beat, ans Falsett andockender Vokal-Akrobatik und der schroffen Düsternis, welche stets im Hintergrund mitschwingt. Oder doch „Mother Mother“ mit seinem straighten Beat und old-schooligen Auftreten? Oder der Sonnenaufgang von „Need You Now“ mit Deep-Elementen? Oder das schroffe Gefühl, welches „Bind“ durchzieht?

Eine Schönheit jagt auf „Colure“ die nächste, atemlos und doch so harmonisch. Frank Wiedemann und RY X besitzen eine spezielle Verbindung, denn was auch immer sie anrühren, es funktioniert. Der technoide Ansatz, der fragile Soul, die housige Mitte und ganz viel drumherum – all das macht das zweite Howling-Album zu einem weiteren Leckerbissen, zu einem gefühlvollen Electro-Album für jede Jahreszeit und jeden Gemütszustand. Die Planeten sind ihnen mehr als gnädig.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 24.07.2020
Erhältlich über: Counter Records (Rough Trade)

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