Portmonee – 404

Portmonee
(c) Kerem Bakir

Von Resignation und Perspektivenlosigkeit ließen sich Portmonee nie unterkriegen. Eine Jugend in Ostdeutschland – man fühlte sich falsch und lag damit richtig. Was sich ominös liest, macht auf Platte Sinn. Nach dem Umzug in die Hauptstadt fand sich das Sextett im Indie-Bandformat. Nicht komplett poppig, aber auch keine zwingenden Rocker, schon mal elektronisch beeinflusst, ab und an mit HipHop und Soul flirtend: Das Debütalbum „404“ will wie ein Biopic verstanden werden.

Irgendwann blieb „Zu viel Love“ über – zu viel Liebe für wen, und warum? Eigentlich auch unwichtig, denn der Track brennt sich sofort ein. Vom lässigen, beatesken Bounce in den Strophen bis zur Indie-Rock-Aufbruchsstimmung im Refrain ist es nur ein kurzes Umschalten. Die unverschämte Coolness von „Chili“ bewegt sich überall und nirgendwo, sollte den einsetzenden Sommer begleiten. Hier lassen Portmonee ihre vielfältigen musikalischen Einflüsse zusammenfließen, Erinnerungen an Bilderbuch werden stellenweise wach.

Tatsächlich sind die Berliner ihre eigene Entität, vertraute Klänge hin oder her. Die Aufbruchsstimmung des Openers „Error/404“ steckt an. Halbgesprochene Hektik, hymnischer Hauptteil, weit offene Melodiestruktur – es kann manchmal so einfach sein. „Rio“ verwehrt sich gegen Kategorisierungsversuche, spuckt seine anfänglichen Verse förmlich aus und packt ein wenig elektronisch behafteten Funk in den Mix. Das Tanzbein juckt bereits. Später entführt „Mick Jagger“ in bleierne Leichtigkeit, lässt „Nightrider“ die Gitarre aufheulen, gibt sich „Unter Wasser“ der großen Nachdenklichkeit hin.

All das sind packende Puzzleteile einer nicht minder packenden Platte. Schritt für Schritt fügt sich die eigentümliche Mixtur, welche Portmonee ausmacht, zusammen, gelegentlich an Kraftklub, The Hunna und sogar Everything Everything erinnernd. Der poetische Teufel steckt im Detail gelegentlich doppelbödiger Texte, die verschiedenartigen musikalischen Einflüsse bewegen sich durch sämtliche Jahreszeiten, wippen wissend unterm Tisch und zerren letztlich doch auf die Tanzfläche. „404“ wird zu 301, die Fehlermeldung zur Weiterleitung magischer Reize an die Gehirnwindungen. Toller Einstand einer spannenden Truppe.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 10.07.2020
Erhältlich über: popup-records

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