Die Buben im Pelz – Geisterbahn

Die Buben im Pelz
(c) Pamela Rußmann

Von der Neigungsgruppe zum Pelz: Die beiden FM4-Moderatoren David Pfister und Christian Fuchs suchten und fanden 2014 ein neues Vehikel für ihren Wiener Dialekt-Ansatz und coverten als Die Buben im Pelz das legendäre Velvet Underground-Debüt. Später folgte noch eine Platte mit eigenem Material, das Line-up wurde weiter ausgebaut und schließlich nahm man im Herbst 2019 eine neue Platte auf, unter anderem mit Alexander Hacke von Einstürzende Neubauten. Bestens bekannten Umständen ist die um ein Jahr verschobene Veröffentlichung des Drittlings „Geisterbahn“ geschuldet, die Wartezeit lohnt sich allerdings.

Zu den diversen Eigenkompositionen gesellt sich wieder das eine oder andere Cover, natürlich dialektal adaptiert. „Macht kaputt was euch kaputt macht“ tankt sich durch herrlich dissonante, heisere Ton Steine Scherben mit grantig-revolutionärer Kante, während „Bella Ciao“ eine fatalistische Wienerlied-Adaption des Partisanenoriginals mit einer heulenden, entstellen Gitarre paart und in der Donau versenkt – ein unerwartet großartiger Moment. Im Vergleich dazu wirkt das eröffnende „Fieber“ fast schon trivial als klassischer, ruppiger Rocker, vielleicht aber gerade deswegen großartig. Mit einfachsten Mitteln brennen sich die Saiten in den Pelz.

Davon ist im schwerfälligen, sehnsüchtigen „Gott straft das Internet“ lange nichts zu hören, erst spät hebt das Arrangement ab. Die Troll-Breitseite nebst Garagen-Rock kommt in seiner zunächst reduzierten Form so und so gut. Im Vintage-Nebel von „Kodachrom“ suchen die Buben Ausflüchte aus der Gegenwart und werfen mit beißender, aus Trauer entstandener Melancholie um sich, die im Titelsong „Geisterbahn“ Gift und Galle speit, kurz vor einer punkigen Explosion steht und dabei nach einer Fassung ringt, die bereits vor Jahren verloren gegangen scheint. Wenn das dröhnende „Saurer Regen“ schließlich mit Post-Punk-Nihilismus spielt, lösen sich sämtliche Befindlichkeiten in geschmackvolle Einzelteile auf.

Bekömmlicher Grant treibt abermals erschaudernd schöne (Stil-)Blüten: Die Buben im Pelz fahren die „Geisterbahn“ rauf und runter mit wachsender Begeisterung und Eskalation. Das Rezept aus starken Eigenkomposition und ein paar Überraschungs-Cover-Versionen geht prächtig auf, der Sound wirkt noch eine Spur breiter aufgestellt mit entsprechendenden Velvet Underground-Callbacks, typischem Wiener Charme (sofern man das so nennen möchte) und knackiger Melancholie. Abermals ist für aufwühlende Unterhaltung gesorgt, abermals schält sich der Pelz mit bekömmlichem Wahnsinn.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 14.05.2021
Erhältlich über: Noise Appeal Records (Rough Trade)

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