Orla Gartland – Woman On The Internet

Orla Gartland
(c) Karina Barberis

Schon früh fühlte sich Orla Gartland zur Musik hingezogen. Mit 14 Jahren veröffentlichte sie erste Eigenkompositionen auf YouTube, weil sie für Open-Mic-Auftritte noch zu jung war. Später zog die gebürtige Irin nach London, wurde schnell Teil einer Community von Musiker*innen um dodie, zu deren Tour-Band sie schon bald gehörte. Zwischendurch schrieb Gartland weiterhin eigene Songs und veröffentlichte diverse EPs, die bis heute über 55 Millionen Streams anhäufen konnten. Für das Debütalbum „Woman On The Internet“ setzte sich die 26jährige intensiv mit sämtlichen Aspekten des Songwriting- und Aufnahmeprozesses auseinander. Diese Hingabe lohnt sich.

Gartland rückt ausnahmsweise sich selbst in den Mittelpunkt und schreibt Songs über eine Frau in ihren Zwanzigern, die sich mit einer anderen Art von Chaos auseinanderzusetzen hat. Der Albumtitel beschreibt eine Art Karikatur der eigenen Persönlichkeit, eine Hype Woman, wenn gerade alles schief läuft. Manchmal strahlen Selbstzweifel allerdings etwas Wohliges aus, wie „You’re Not Special, Babe“ zu kurzweiligem Indie Pop thematisiert. Der vorwitzige Track, der graduell in Upbeat-Gefilde abdriftet, macht eine andere Art von Mut, stärkt das Selbstbewusstsein und zeigt, dass man mit den eigenen Unsicherheiten leben kann.

Was dieses Debüt so sympathisch macht, ist dessen Vielschichtigkeit. „Zombie!“ packt die Gitarre aus und lässt es nach einer falschen Fährte ordentlich krachen. Zwischendurch scheint Gartland sogar ihren angepunkten Vorbildern der Jugend nachzueifern. So laut wird es allerdings nur selten, oft rockt die Irin nur nebenbei mit. In „Pretending“ unterstreichen die Saiten die eigenwillige, nachdenkliche Stimmung, während „Do You Mind?“ direkt balladeske Klänge mit durchaus wuchtigem Beat und Piano anschlägt. Das finale „Bloodline / Difficult Things“ ist tanzbar, rockend, verspielt poppig, fragil und post-modern zugleich – eine Sammlung unzähliger Ideen, lose zusammengehalten und auf assoziative Weise spannend.

Es gibt nicht nur den einen, archetypischen Orla Gartland-Sound, sondern viele verschiedene Einflüsse, die sympathisch zusammenfinden und das Bild einer Künstlerin mit Freude an der Musik und Suche nach dem Selbst zeichnen. „Woman On The Internet“ ist vorwitzig und euphorisch, zerbrechlich und nachdenklich, bewegend und suchend. Vor allem bestätigt die 26jährige damit die gerechtfertigten Vorschusslorbeeren ihrer diversen Kleinformate und erweitert ihre musikalische Spielwiese auf kurzweilige Weise. Und das kann nur der Anfang gewesen sein.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 20.08.2021
Erhältlich über: New Friends Music (Membran)

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