Fiddlehead – Between The Richness

Fiddlehead
(c) Mitch Wojcik

Sie haben es tatsächlich ein weiteres Mal getan. Eigentlich sollte es mit „Springtime & Blind“ bei einem One-Off bleiben, und selbst diese Platte entstand in einer Zeit, die Sänger Patrick Flynn als ‚lächerlich depriminierend‘ beschreibt. Die Auseinandersetzung mit dem Tod seines Vaters und der Trauer der Mutter erweckte Fiddlehead in einer bitter Ironie des Schicksals zum Leben, und die Texte wurden bei den wenigen Shows verzweifelt mitgesungen. Also gibt es doch noch ein neues Album dieser prominent besetzten Band um aktuelle und ehemalige Mitglieder so ikonischer Acts wie Have Heart, Basement und Youth Funeral: „Between The Richness“.

Die Trauerarbeit ließ Flynn nie so ganz los, doch heiratete er in der Zwischenzeit und bekam einen Sohn, dem er den Namen seines Vaters gab: Richard. Ergo ist der Albumtitel ein Wortspiel und zugleich ein Sinnbild für die einschneidenden Aufs und Abs des Lebens. Und die Musik dazu? Stark wie immer. Das kurze, eröffnende Fragment „Grief Motif“ nimmt Bezug auf den fortgesetzten Handlungsstrang des Debüts, einschneidende Erlebnisse lassen sich nicht so leicht abhaken. Lässig schlägt im Anschluss „The Years“ die Saiten an, paart Schwere mit Aufbruchsstimmung und sucht nach dem Sinn im endlosen Chaos mit dicken, leicht schiefen Gesängen.

Richtig giftig wird es nur selten, die Hardcore-Vergangenheit zahlreicher Mitglieder schimmert häufig verwaschen durch. „Get My Mind Right“ kehrt diese mit gelegentlichen Schreien und angepunkter Aggression gelegentlich nach vorne, auch „Eternal You“ wirkt insgesamt einen Tacken härter und frontaler als andere Songs. Das angezogene Tempo kommt gut, Fiddlhead verhaspeln sich beinah. „Joyboy“ ist das krasse Gegenteil mit seiner locker angeschlagenen Gitarre und dem doppelten Boden, der ein wenig Richtung Post Punk abzielt und gelegentlich an fokussierte Self Defense Family erinnert. Danach kann nur noch das emotional aufgeladene, mehrfach durch die Decke gehende und bei aller sperriger Energie mitreißende „Heart To Heart“ kommen. Patrick Flynn nennt es einen Brief an seinen Sohn, Gänsehaut wird frei Haus mitgeliefert.

Und so rattern Fiddlehead durch gut 25 Minuten, die wie im Flug vergehen, Wunden öffnen und im Anschluss fleißig Balsam auf selbigen verteilen. „Between The Richness“ ist eine bezaubernde, von vorne bis hinten verheerende und doch so fabelhafte Platte geworden, die noch dazu musikalisch mit dem packenden lyrischen Faden mithalten kann. Post-Hardcore dient als Plattform für allerlei punkige, melancholische und beißend rockige Streifzüge durch das umfassende Schaffen der einzelnen Mitglieder. Es ist gut, dass sich Fiddlehead zu einem zweiten Album hinreißen ließen. Hoffentlich war das nur der Anfang.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 21.05.2021
Erhältlich über: Run For Cover Records (Cargo Records)

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