Anxious – Little Green House

Anxious
(c) Mitch Wojcik

Für das erste Album, so eine gerne propagierte These, habe man ein ganzes Leben lang Zeit. Eigentlich hätte das bei Anxious anders ausgesehen, denn die 2016 gegründete Band – die Mitglieder besuchten damals noch die Highschool – tourte bereits seit Jahren ausgiebig mit allerlei Heavy-Hittern, wie Lifetime und Fiddlehead. Die ungewollte globale Schockstarre hatte zumindest einen Vorteil für die Herren aus Connecticut, die im Keller von Bassist Sam Allens Mutter in aller Ruhe an sämtlichen Details arbeiten konnten. Benannt nach dem Ort, wo sie ihre Songs schrieben, macht es sich „Little Green House“ in der Emo-, Post-Hardcore- und Alternative-Szene mit 90s-Einschlag bequem.

Eine Sammlung eingängiger, zuweilen durchaus muskulöser Tracks breitet sich aus. „Let Me“ macht das Faible für Post-Hardcore deutlich, bockt gewaltig und schlägt sogar etwas um sich, bleibt dabei aber eingängig, fast schon hymnisch, in den richtigen Momenten fragil. Der Track wogt gewaltig hin und her, die Spannung erreicht schnell einen vermeintlichen Siedepunkt. Dort lauert bereits „Your One Way Street“ und bringt einen knackigen, angepunkten Emo-Chorus in das ansonsten rasante Geschehen ein. Eine dicke Hook kollidert mit brachialer Heavyness – ein einfaches und doch richtig gutes Rezept.

Anxious sind ebenfalls gut, wenn sie das Tempo drosseln und ihren Emo-Alternative-Mix auf den Punkt bringen. „Afternoon“ spielt mit erfrischender Süße, wirkt angenehm kantig und bringt dennoch ein gewisses Pop-Appeal mit. Jimmy Eat World und sogar die Foo Fighters schwingen mit, die kleine Tempoverschärfung in der Schlussminute kommt gut. Davon kann „In April“ ebenfalls ein Lied singen, etwas flotter und lieblicher. Das US-Quintett deutet ihr Händchen fürs Brachiale an, doch überlagern letztlich dicke Backings das Geschehen. Für das abschließende „You When You’re Gone“ wurde mit Stella Branstool eine zweite Stimme ins Studio geholt. Der verträumte Indie-Pop-Track bricht mit dem Rest der Platte und geht dennoch – vielleicht auch deswegen – sofort ins Ohr.

Zehn kleine Perlen später sind Anxious auch auf Platte endgültig gelandet. Jeder Song macht Laune und zieht zugleich in die verschiedensten Richtungen. Durchaus furiose Härte, ordentlich Gefühl, mächtige Hymnen und ein Händchen für Pop – all das begleitet „Little Green House“ durch eine gute halbe Stunde handgemachte Musik. Die zusätzliche Zeit für Detailarbeiten macht sich hörbar bezahlt. Über weite Strecken kann man sich nur wundern: Ist das tatsächlich ein Debütalbum? Anxious zeigen sich von ihrer besten Seite und geben ein dickes Versprechen für die Zukunft ab.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 21.01.2022
Erhältlich über: Run For Cover Records (Cargo Records)

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