Lea Porcelain – Choirs To Heaven

Lea Porcelain
(c) Kane Holz

Längst sind Lea Porcelain eine ernstzunehmende Größe. Das Duo um Produzent Julien Bracht und Sänger Markus Nikolaus entwuchs den vermeintlichen Grenzen des Frankfurter Nachtclubs in Windeseile, siehe und höre diverse Kleinformate sowie das wunderbare Debütalbum „Hymns To The Night“. Der Titel des Nachfolgers ist hingegen Programm: „Choirs To Heaven“ sieht die Zusammenarbeit mit verschiedenen Chören sowie die Umdeutung von diversen Synths auf entsprechende Klänge. Zudem steht die Transzendenz auf der Schwelle zwischen Leben und Tod dick auf dem thematischen Programm des Duos.

Einer der schönsten Momente taucht ganz am Schluss auf. „Just A Dream“ trägt stellenweise deutliche The Cure-DNA in sich, von Nikolaus‘ brüchiger Stimme bis zur packenden, understateten Melodie. Man meint im Refrain sogar, es mit einer bislang unentdeckten Perle der Düster-Legenden zu tun zu haben. Dass sich dieser Moment dennoch harmonisch und homogen in das Soundgewand der Leas einbettet, ergibt Sinn. Der Titelsong „Choirs To The Heaven“ brichtet an manchen Stellen ähnliche Gesangsmelodien in halbdüstere Wave- und Electro-Abfahrten meditativer Natur um. Nahender Abgrund oder herumgerissenes Ruder? Die Dichotomie des Albums kommt in jeder Note durch.

Das eröffnende „Consent Of Cult“ ist von einem ganz anderen Schlag, überlang, laut und doch auf gewisse Weise entspannt. Von Bezugnahmen auf eine Camus’sche Kurzgeschichte begleitet, meint man in der pulsierenden Finsternis ein entfremdetes Saxofon zu hören. Im Anschluss nimmt „100 Years“ das Tempo heraus und bringt einen unorthodoxen Wave-Pop-Hit mit zahlreichen Wendungen aufs Tableau. Eine gewisse Undurchsichtigkeit gehört dazu, verwandelt sich in „Pool Song“ in einen Hauch von Zucker und 80s-Abgründigkeit. Selbst in den hellsten Momenten scheint der Zusammenbruch nahe. Ein weiteres Glanzlicht, „Sink Into The Night“, scheint nur ein paar Beats von aufwühlendem TripHop entfernt, wandelt dessen Eigenschaften in eine scharfkantige Wave-Reise mit selten gewordenen Post-Punk-Resten um; großes Kino.

Lea Porcelain häuten sich vorsichtig und sinnvoll – eine zugegebenermaßen bizarre Feststellung, die „Choirs To The Heaven“ doch recht gut auf den Punkt bringt. Das Duo zieht seinen düsteren Ansatz etwas anders auf, bemüht das angekündigte Synthie-Konzept tatsächlich geschickt und nimmt mehr Elektronik und Wave denn je mit. Zudem erweist sich die etatmäßig innewohnende Schwere als kleine Schatzkiste, bedeutungsschwanger und befreiend zu gleichen Teilen. Bei Lea Porcelain treffen sich abermals Gegenpole, die sich in Dauerschleife abstoßen und anziehen. So wie es das Albumkonzept mit wachsender Begeisterung praktiziert. Operation geglückt.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 21.05.2021
Erhältlich über: Lea Porcelain Recordings

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