Ghost Woman – Ghost Woman

Ghost Woman
(c) Jacqueline Badeaux

Als Teil von Michael Raults Tross tourte Evan John Uschenko mit allerlei Granden, darunter Jacco Gardner und King Gizzard & The Lizard Wizard. Irgendwann reifte der Wunsch, selbst etwas zu basteln, und Ghost Woman waren geboren. Herzschmerz und falsche Erwartungen begleitet seine Band, die sich nach einigen Rückschlagen – ein Proberaumfeuer zerstörte einen Teil des Equipments, andere Gitarren und Verstärker wurden aus dem verschlossenen Van geklaut – nun musikalischen Schlagzeilen widmen. Auf die ausverkaufte 7″-Single „Lost Echo“ folgt das erste Album, schlicht „Ghost Woman“ betitelt.

Durch weite Teile des Erstlings zieht sich beklemmender American-Gothic-Chic, der wunderbar mit Folk- und Kraut-Konzepten kollidiert. „Good“ lebt das auf wundersame Weise vor. Die konsequente, entschleunigte Leisetreterei fährt mit ihrer Gleichförmigkeit tatsächlich durch Mark und Bein, die verwaschenen Psych-Anleihen harmonieren prima mit einer Stimme, die man eher im Americana-Umfeld erwarten würde. In „Dead & Gone“ führt Uschenko diesen Eindruck erst einmal ad absurdum. Der Track dauert keine zwei Minuten, der hibbelige Punk-Esprit passt hervorragend ins schiefe Bild.

Mittlerweile haben sich Ghost Woman schon weiterbewegt. Der Opener „All The Time“ hängt in den Seilen und zittert sich voran – ein wunderbar vertracktes und legeres Stück der unwirklichen Art, stets auf der Suche nach einem Höhepunkt, der ausbleibt. Ähnliches bemüht „Jreaming“, bloß mit etwas mehr Bass. Uschenkos Gesang und minimalste Instrumentierung suchen nach einem blassen Schimmer der Hoffnung, den es nie gegeben hat. Im vergleichsweise lebhaften „Along“ erinnern Ghost Woman hingegen an 70s-Chic, aber auch ein wenig an Kurt Vile oder The Black Angels – mit Sicherheit nicht die schlechtesten Referenzen.

Ja, dieses erste Album geht viel zu schnell vorüber, und doch fühlt es sich wie eine Wohltat an, die eigenartige Realität von Ghost Woman Schicht für Schicht abzutragen und abzustreifen. Etwas über eine halbe Stunde lang fällt man in eine fremdelnde Welt, die doch so wunderbar vertraut anmutet. Eine gewisse Verfremdung lässt sich nicht von der Hand weisen, doch macht gerade dieser Effekt „Ghost Woman“ zu einer wunderbaren Platte. Fernab von vorhersehbaren Konventionen schwebt Uschenko in verwaschenen Folk- und Americana-Sphären, die eigentlich keine solchen sein wollen – eine herrlich seltsame, krautige Erfahrung mit Eskapismus-Suchtpotenzial.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 01.07.2022
Erhältlich über: Full Time Hobby (Rough Trade)

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