Love A.M. – In Disarray

Love A.M.
(c) Harald Leitner

Für Love A.M. ist jede Zeit Liebeszeit. 2016 aus Schulbekanntschaften entstanden, veröffentlichten die fünf Grazer zuletzt ein paar kurzweilige Singles, die konsequent nach dem eigenen Sound suchten, ohne dabei vor emotionalen, liebevollen Themen zurückzuscheuen. Indie, Dream-Pop, New Wave und ein wenig Rock der verwaschenen Art mit zarten Gaze-Untertönen säumten die bisherigen Releases. Sie alle – und noch viel mehr – finden auf dem ersten Album „In Disarray“ zusammen. Und hier arbeitet sich das österreichische Quintett weiterhin durch ein Sammelsurium an Ideen und Einflüssen.

„Pointless“ war gemeinsam mit der Ankündigung dieses Debüts präsentiert worden und zeugt von einem Urverständnis für die verwaschene und zugleich treibende Magie der 80er Jahre. New-Wave-Konzepte schielen auf das Post-Präfix, blubbern nervös und doch bestimmt. Der harmonische, himmlische Refrain glänzt hingegen durch Pop-Sensibilität mit ganz feiner Klinge. Hingegen trägt „About Us“ dieses Wave-Pop-Gefühl von der ersten Sekunde an in die Welt hinaus. Nicht zum letzten Mal wandeln Love A.M. an der Grenze zu Kitsch und Käse, machen jedoch alles richtig – ein höchst unterhaltsames, eingängiges Stück Musik.

Am anderen Ende dieser Platte lauert „Baby Boy“, in dem bei aller Gemächlichkeit gefühlt genug Ideen für gleich drei Songs stecken. Der Morrisey’sche Croonergesang zeigt, dass die Tonlage auch ohne widerlich rassistisches Arschlochgehabe machbar ist, während der Track zwischen Eskalation und zarter Synthi-Klinge traumwandelt. Im zwingenden „Silent Ghost“ kollidieren Wave und Gitarrenpop wiederholt mit einer Melodiefolge, die nicht aus dem Ohr gehen will. Das große Drama im Kleinen, das sich „Tokyo“ nennt, setzt sich mit seinen zarten, dennoch bestimmten Tönen gleich fest.

Verwegen, verspielt und gedankenverloren, so präsentiert sich dieser wunderbar aufwühlende Erstling von Love A.M. Natürlich ist das musikalische Faible für die 1980er kaum zu überhören, erhält einen zaghaft modernen Anstrich, geprägt von Offenheit und Mut zum geschmackvollen Kitsch. Was vor ein paar Jahrzehnten schon mal peinlich wirken konnte, kriegt bei den Grazern die nötigen Ecken und Kanten, Substanz und – was sonst – Herz. „In Disarray“ unterhält von der ersten bis zur letzten Sekunde mit gefühlvollen Hits für die Westentasche und das Einstecktuch.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 01.04.2022
Erhältlich über: Wohnzimmer Records (Rough Trade)

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