Palila – Mind My Mind
Zweifel. Wehmut. Melancholie. Weltschmerz. Das Weltbild von Palila lebt von Zerrissenheit, geht nahe und unter die Haut. Ihr hymnischer Indie- und Alternative-Sound, begleitet von Texten, die mitten in das Seelenleben treffen, sorgte bislang auf mehreren EPs sowie einem starken Album für verdiente Furore. Jetzt kommt die ach so schwere zweite Platte, sollte man meinen, und vermengt permanente Verzweiflung mit dem Wissen, dass sich der Weg lohnt, dass schönere Tage warten. „Mind My Mind“ verlangt geradezu nach mehr Aufmerksamkeit, ohne sich dabei auch nur im Geringsten aufzudrängen.
‚Hungry for bad thoughts‘, nennt sich der Protagonist in „Ramshackle Sweetheart“, und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Wer in den Untiefen der eigenen Gedanken festhängt, tut sich schwer, aus diesen auszubrechen. Matthias Schwettmanns unfassbar ausdrucksstarke Stimme und die später mitsingende Gitarre krönen das Geschehen. Im eröffnenden „Planet C4DCB“ dauert es ein wenig, bis man auf den sprichwörtlichen Punkt kommt; man arbeitet sich an das Arrangement heran und überrascht mit dezenten Post-Rock-Einflüssen. Wie sich der Song langsam, aber sicher aufbaut, seine volle Strahlkraft entfaltet und dabei doch der Reduktion frönt, begeistert.
Es geht aber noch besser: „Circles“ ist mit sechs Minuten Spielzeit nicht nur der längste Track dieses Zweitlings, er zeigt zudem eindrucksvoll, wie gut Palila mittlerweile sind. Der blubbernde Bass ist der heimliche Star der Songs, das Hinarbeiten auf mehrere kleine Höhepunkte mit poppigen Untertönen setzt einen spannenden Kontrast zur Überlänge. Gemeinsam mit den hibbeligen Drums gibt es so etwas wie Langeweile zu keiner Zeit. Doch auch in vertrauter Kürze setzt es gelungene Kost, darunter die kurzweilige Video-Auskopplung „Restless“, die sich in bestens bekannte Früh-90er-Indie- und Alternative-Gefilde vorwagt.
Palila machen den sprichwörtlichen nächsten Schritt, und der gelingt mit geradezu beängstigender Souveränität. Hier kennt jemand den eigenen Sound bestens und spielt dieses Wissen gekonnt aus, ohne auch nur annähernd routiniert bis satt zu klingen. „Mind My Mind“ schafft eine Weiterentwicklung auf Raten, die logisch und dennoch spannend rüberkommt, die sich zugleich auf alte Stärken besinnt. Zudem gehen die Texte im besten Sinne nahe und nicht mehr aus dem Kopf, kommen mitten aus dem Leben und treffen mitten ins Herz. Die Mischung stimmt bei Palila einmal mehr – ein mitreißendes Unterfangen von der ersten bis zur letzten Minute.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 19.05.2023
Erhältlich über: DevilDuck Records (Indigo)
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