Carpet Waves – Inner Weapons
Ihre letzte EP wurde durch Crowdfunding finanziert, dieses Mal gab es als Gewinner der Düsseldorfer Bandprofessionalisierung 5.000 €, die unter anderem für EP, Live-Session und Musikvideos verwendet wurden: Carpet Waves treffen mit ihrer Musik offenbar einen Nerv. Das Quartett aus Köln, Wuppertal und Düsseldorf spielt seit 2016 in dieser Besetzung zusammen, begeisterte auf Platte und Bühne, und bemüht sich zudem stets um frische musikalische Ansätze. Aktuell verschieben sie den Fokus von Alternative und Indie auf Post Punk und New Wave, ohne dabei die eigentlichen Rock-Wurzeln zu vergessen. „Inner Weapons“ gelingt dieser Spagat wunderbar.
Der von einem Video begleitete Opener „Biography“ bringt den generalüberholten Ansatz auf den Punkt – druckvoll, brodelnd, nervös und stoisch in den Strophen, dem melodischen Ausbruch im Refrain nah. Es sind einfachste Mittel mit 80s-Färbung, die Carpet Waves heranziehen, bloß setzen sie diese frisch und unterhaltsam zusammen. Fertig ist der Anti-Ohrwurm, der trotzdem hängen bleibt. Hingegen macht „Narrow Dream Factory“ seinem Namen alle Ehre und holt vertraute Klänge aufs Tableau, die dennoch in den richtigen Momenten wunderbar nach vorne gehen. Gilt das schon als Gaze? Egal, es bleibt im Ohr.
Schroff, launisch und doch eingängig beginnt „Shadows“ mit Mustern, die aus früheren Tagen grüßen und dabei doch diesen neueren, verwaschenen Wave-Sound in sich tragen. Carpet Waves platzieren sich zwischen den Stühlen mit 90s-Alternative und 80s-Schwere, die geschickt mit Leichtigkeit kollidiert. Hingegen ist „Aura“ hörbar in der melancholischen Romantik der Kajal-Ära verankert, gepaart mit spannender Herangehensweise an Traumwelten. Und dann haut „Void Wilderness“ über knapp sieben Minuten alles raus, drängt Post Punk in nahezu noisige Untiefen, liefert zudem ein grandioses Finale als verkappten Wurmfortsatz. Wenn die Spannung den Siedepunkt erreicht, folgt der unvermeidbare Fade.
Erfrischend und doch vertraut, so weiß sich „Inner Weapons“ zu behaupten. Fünf richtig gute Songs erweitern den Bandsound auf gekonnte Weise, ohne komplett vom bisherigen Schaffen abzuweichen. Der 80s-Einschlag steht Carpet Waves gut zu Gesicht, der stete Kampf zwischen Finsternis und Traumwelten sorgt für knisternde Spannung. Außerdem geht das neue Material selbst in den komplexen Momenten ins Ohr. Eine Frischzellenkur zwischen Schwerfälligkeit, Dissonanz und zart-romantischer Offenherzigkeit als begeisternder Abräumer: Einmal mehr bestätigten Carpet Waves sämtliche Vorschusslorbeeren gekonnt.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 22.04.2022
Erhältlich über: Waveland Records
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