Illiterate Light – Sunburned

Illiterate Light
(c) Tristan Williams

Nach einem starken ersten Album mussten sich Illiterate Light neu motivieren. Das US-Duo um Jeff Gorman (Gesang, Gitarre und fußgesteuerter Synth-Bass) sowie Jake Cochran (Steh-Drums) landete 2019 einen Alternative-Volltreffer, tourte fleißig und wollte danach mehr. Man baute sich ein eigenes Studio, gründete ein eigenes Label und trieb den Multi-Instrumentalisten-Ansatz voran. Der Tod von Gormans Vater nach langer, schwerer Krankheit zu Beginn der Songwriting-Sessions sorgte zudem für neue Motivation. So verwundert es kaum, dass das zweite Album „Sunburned“ einen gewaltigen Sprung nach vorne markiert.

Tracks wie „Feb 1st“ springen förmlich ins Gesicht und explodieren auf angenehme Weise. Nicht zum letzten Mal werden angesichts der Kombination aus knackigen Gitarren, synthetischen Tönen und fieberhaften Vocals Erinnerungen an ein anderes Super-Duo wach: Johnossi hätten diesen Song bestimmt auch gerne geschrieben. Ähnliches gilt für den mächtigen Opener „Wake Up Now“, der etwas vorsichtiger anrollt und mit Glum-Pop-Anleihen überrascht. Der fieberhafte, kantige Einschub kommt ebenso gut und rückt Illiterate Light vermehrt in britische Gefilde, was ihnen aber richtig gut zu Gesicht steht.

Gerade die zweite Albumhälfte wagt einiges an Experimenten. „Fuck LA“ bemüht Lo-Fi-Minimalismus mit verwaschenen Loops, immersiven Vocal-Samples und leicht verstörendem Blubbern – eine kuriose Episode, auf die mit „Luckiest Man Alive“ eine Art Halb-Ballade folgt, sehr reduziert und in manchen Momenten sogar folkig angehaucht. Hingegen rückt „Automatic“ die synthetische Dimensionen des Duo-Sounds in den Mittelpunkt und bemüht Pop – mal verträumt, mal leicht entfremdet, immer bekömmlich. Das wunderbar kantige und zeitweilig sogar dezent überdrehte bis noisige „Heaven Bends“ reizt hingegen die Macht der Regler aus.

Die alte Mär vom musikalischen Freischwimmen passt im Fall von Illiterate Light tatsächlich wie Arsch auf Eimer. Ihre neu gewonnene Freiheit kosten Gorman und Cochran so richtig aus und schreiben eine Platte, die immer noch ins Ohr geht, sich aber zugleich deutlich (welt-)offener zeigt. Kleine und große Experimente treffen auf mächtige Gitarren und eingängige Momente – „Sunburned“ drängt gefühlt in zig Richtungen zugleich, nimmt alles mit und dreht gekonnt am Rad. Und nimmt dennoch im richtigen Moment in den Arm. Willkommen auf einem neuen Level.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 27.01.2023
Erhältlich über: Red Book Records / Thirty Tigers (Membran)

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