Totally Enormous Extinct Dinosaurs – When The Lights Go
Zurück aus der Versenkung? Zehn Jahre nach seinem ersten Album „Trouble“ meldet sich Orlando Higginbottom zurück. Eigentlich war der als Totally Enormous Extinct Dinosaurs auftretende Elektronik-Experte nie weg, bloß ignorierte er das Longplayer-Format. Der Brite produzierte freilich, tourte um die Welt, legte auf und gründete ein eigenes Label. Zudem erschienen immer wieder einzelne Songs und EPs. Nun ist also „When The Light Go“, eine Art Bestandsaufnahme, endlich da. In diesen 17 Tracks findet sich alles, was Higginbottom erlebte, von zerbrochenen Beziehungen über Mental Health bis zum persönlichen Glück.
Musikalisch ist natürlich alles am Start, von etwas poppigeren Auslegern bis hin zum obligatorischen Tanzflächenfüller. Zu letzterer Kategorie gehört ohne Zweifel „Sound & Rhythm“. Der Beat wummert, die Melodie drängt sich in den Vordergrund, dahinter entwickeln sich dichte Texturen. Im Auge des Sturms schimmert der Gesang durch. Wie eine ureigene Version der Chemical Brothers Ende der 90er. Hingegen ist „Never Seen You Dance“, entgegen des Titels, alles andere als offensiv unterwegs, eher auf der poppigen bis vorwitzigen Seite angesiedelt. Hier geht es eingängig vor sich, ein Hauch von Retro-Flair kommt durch, Erinnerungen an die erste Platte werden im besten Sinne wach.
Selbstverständlich blieb Higginbottom nicht stehen und entwickelte sich weiter. „Through The Floor“ kreuzt alte Indie-Konzepte mit schrägen Hot Chip-Ideen und einem treibenden Gerüst, das ohne Umwege nach vorne geht – clublastig und doch so vorwitzig. „Crosswalk“ verlangsamt Rave-Melodien und strickt etwas House rundherum, technoid und doch butterweich. Von diesen Gegensätzen kann auch der Titelsong „When The Lights Go“ ein Lied singen … und tut es, verbindet das Schrille mit dem Sympathischen. „Thugs“ spielt sogar mit balladesken Chamber-Pop-Elementen, ohne sich jedoch zu weit aus dem Fenster zu lehnen – ein kleines Experiment, das definitiv aufgeht.
Kein Schema F, kein Generikum, einfach nur richtig gute Musik: Totally Enormous Extinct Dinosaurs nimmt sich eine gute Stunde für sein Album-Comeback Zeit und rennt damit offene Türen ein. Nach all den Jahren ist „When The Lights Go“ die richtige, die erhoffte Weiterentwicklung von „Trouble“, findet neue Ansätze für all das, was 2012 bereits unterhielt. Es gibt die wütenden Floorfiller, den lässigen Indie-Chic, ordentlich Pop und ganz viele Zwischentöne, stets organisch und dabei überaus charmant. Diese liebreizende und doch nie aufgesetzte Art macht Orlando Higginbottom immer noch so sympathisch. „When The Lights Go“ verspricht elektronische Musik für die Seele, die man einfach nur genießen kann.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 09.09.2022
Erhältlich über: Nice Age Music (Rough Trade)
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