K.I.Z. – Urlaub fürs Gehirn

K.I.Z.

Scheuklappen sind dazu da, eingerissen zu werden – im Fall von K.I.Z. ist es das stete Spiel mit dem Wort auf überaus humoristische Art und Weise (so mancher würde hier auch von einem ‚Wortspiel‘ sprechen), mit dem HipHop schließlich und endlich Schenkelklopfer-tauglich geworden ist. „Sexismus gegen Rechts“ hat 2009 für Laune gesorgt, ist an das geniale „Hahnenkampf“ jedoch bei Weitem nicht herangekommen. Der Abwärtstrend macht sich bemerkbar, das Denken stagniert – „Urlaub fürs Gehirn“, dit passt ja wie Arsch auf Eimer.

Der Absturz also, K.I.Z. fallen bewusst in das Bodenlose. Warum? Weil sie’s können. Vor allem auch besser, wie der Beginn des Albums zeigt. In „Küss mir den Schwanz“ blitzt das lyrische Genie der Kannibalen auf nebst old-schooligem Beat und feinster Savas-Referenz. Hört man den Elektro-Wahnsinn, will man dem Meister auch huldigen. Was ist denn da los? Klar, Synthetik hat es bei den Herren immer schon gegeben, liegt jetzt auch im Trend. Muss aber in dieser Plattheit („Mr. Sonderbar“) nicht sein. Aber wieder zurück zum Schwanz-Song – was für ein leckerer Shoot gegen Universal. Brennende Speere gen Brötchengeber? Aber immer doch. Karius und Baktus lassen grüßen.

Aber jetzt mal ganz entspannt – ist ja nicht alles schlecht, was man auf Platte hört. Der Titeltrack „Urlaub fürs Gehirn“ tötet sich und seinen Single-Release mal eben selbst nebst hirnrissigem Video; im wahrsten Sinne des Wortes, versteht sich. „Doitschland schafft sich ab“ setzt die ‚Hit‘-Serie fort, zerstört Sarrazin und Randgruppen-Denken, während Tareks Solo-Track „Fleisch“ überraschend bewegend ausfällt. Starke Sache, feinstens durchgezogen. Der „Tsetsefliegenmann“ hat noch die eine oder andere interessante Idee zu bieten, bleibt aber im Skit-Bereich hängen. Vielleicht „H.I.T.“, ein Synthie-Albtraum in blutrot? Die Neuruppin-Fortsetzung „Lauf weg“ mit sinnlos langer Gästeliste oder doch das hasstastische „In seiner Mutter“? Sie schweben irgendwo im Nirgendwo herum, die Highlights dieser Platte.

Und doch bleibt ein schalter Beigeschmack, deuten K.I.Z. die Selbstabschaffung an und legen ihr bislang wohl schwächtes Album vor – man jammert allerdings auf beachtlichem Niveau. Zu viel Berlinerei, zu viel Planlosigkeit („Der durch die Scheibeboxxer“, die Single „Fremdgehen“), schwach exekutierte Ideen („Abteilungsleiter der Liebe“ – ein Albtraum in Hartz IV) oder das nicht enden wollende „Koksen ist scheiße“, der inszenierte Schwanengesang. „Urlaub fürs Gehirn“ geht immer noch an die Grenzen, brennt in den richtigen Momenten bittersüß, wirkt aber wie eine (musikalische) 80s-Referenz inklusive überraschend vieler lyrischer Platitüden. Noch gut, noch mehr als anständig – möglicherweise zerstört das in den Köpfen der Kannibalen befindliche Major-Konzept ja wirklich.

VÖ: 03.06.2011
Urban (Universal Music)

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