M83 – Hurry Up, We’re Dreaming

M83

Seit mittlerweile zehn Jahren verzaubert der Franzose Anthony Gonzalez als M83 mit seiner Electro- / Dream-Pop-Melange Musikfans und Musiker gleichermaßen. So betourte er sein letztes Album „Saturdays = Youth“ (2008) unter anderem im Vorprogramm der Killers, Kings Of Leon und Depeche Mode, dazu hat er sich einen Namen als Remixer für Daft Punk, Bloc Party und Placebo gemacht. Eine neue Dimension erreicht sein Arbeitseifer jedoch nun mit „Hurry Up, We’re Dreaming“, einem Doppelalbum, inspiriert durch ähnlich ausgelegte Werke wie das weiße Album der Beatles oder „Mellon Collie And The Infinite Sadness“ von den Smashing Pumpkins. Ob sich Gonzalez da nicht zu viel zugemutet hat?

Auch auf zwei CDs aufgeteilt, sind 73 Minuten gerade in einem Durchlauf unheimlich schwer zu erfassen, gerade wenn selbst ein in der Theorie simpler Auftakt, schlicht „Intro“ genannt, zu den Hits dieses Albums zählt. Der von Zola Jesus eingesungene Track wächst kontinuierlich, lässt Mogwai auf Dream-Pop treffen, bevor viel zu schnell abgebrochen wird. Gleich dahinter wartet die Single „Midnight City“, die perfekt in die immer wieder mit Charterfolgen gesegnete Electro-Pop-Riege um Empire Of The Sun und Gypsy & The Cat passt. Das durchaus ungewöhnliche, wohl aber wohlig warme Saxophon-Solo lässt sich als Krönung dieses Übersongs verstehen.

Weitere Songs von diesem Kaliber sucht man jedoch vergebens, zumindest was die Hit-Tauglichkeit betrifft. In „Reunion“ packt Gonzalez die Gitarre aus und liefert gerade im Refrain seine Version eines Indie-Sommerhits. „Steve McQueen“ hingegen nimmt das Tempo weitestgehend raus und erinnert an eine Electro-Power-Ballade – intensiv und doch erhaben. Ein „Raconte-Moi Une Histoire“ könnte verspielter und französischer kaum sein, ein „New Map“ sich selbst kaum bewusster im Weg stehen – große Melodien mit bewussten Zäsuren. Auch das „Outro“ nimmt mit über vier Minuten beinahe epische Dimensionen ein, erinnert an eine Reprise, sehr feinsinnig gehalten, vielleicht sogar eine Spur aufgedunsen.

Nebst all diesen faszinierenden und zu einem gewissen Grad sperrigen Songs werden M83-Fans vor allem die kleinen Interludes und Instrumentals lieben, die verstärkt an die ersten beiden Alben erinnern – auf Atmosphäre getrimmt, sehr mystisch und doch luftig leicht angelegt. „Hurry Up, We’re Dreaming“ – ganz dem Titel nach verträumt und ganz weit weg. Einfach ist diese Unmenge an Musik freilich nicht zu verdauen, wirkt beinahe übertrieben und hätte auch problemlos auf knapp die Hälfte zusammengekürzt werden können. Das Ergebnis wäre wohl – je nach Ansatz – eine Electro-Pop-Platte zeitgenössischer Natur oder die Ambient-Antithese zu Freud gewesen. Wenig überraschend verlangt Anthony Gonzalez viel Zeit und Geduld, was sich auch lohnt. „Hurry Up, We’re Dreaming“ ist eben eines jener Mammutwerke, das viel Aufmerksamkeit, Offenheit und gute Kopfhörer erfordert. Überflüssig ist im Endeffekt nichts, gefällig nur auf den zweiten Blick; eine faszinierende Platte für Liebhaber.

VÖ: 14.10.2011
Naive (Indigo)

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