Tune-Yards – Better Dreaming

Musik muss bewegen können, das beschlossen Tune-Yards nach der langen pandemischen Live-Pause für sich. Langweilig war die Zeit für Merrill Garbus und Nate Brenner keinesfalls, denn neben einer Platte vor vier Jahren wurden sie Eltern, das gemeinsame Kind ist inzwischen drei Jahre alt. Zudem ergaben sich neue Perspektiven, die den kunstvoll-anspruchsvollen Songwriting-Prozess nun in unmittelbarere Bahnen lenken. „Better Dreaming“ wurde als Duo aufgenommen, basierend auf Garbus‘ Drum-Loops und rhythmischen Strukturen, und gestaltet den eigenen Art-Pop so einnehmend und lebensbejahend wie lange nicht.
Ein Song wie „How Big Is The Rainbow“ drängt beispielsweise Richtung Disco und fühlt sich dort hörbar wohl. Sympathische House-Elemente kollideren mit der gewohnt weichen, zugleich packenden Stimme, die auch in diesem drückenden Umfeld unfassbar faszinierend bleibt. In „Limelight“ ist das gemeinsame Kind zu hören. Inspiriert von gemeinsamen Tanzmomenten zur Musik George Clintons, macht der funkige Ansatz unheimlich viel Spaß. Wenn Garbus von höchsten Registern mühelos ins Falsett wechselt, ist alles eitel. Auch das Gefühl des eröffnenden „Heartbreak“, das sogar dezente RnB-Vibes andeutet, macht unheimlich viel Laune.
Überhaupt ist diese Platte unheimlich bunt und vielfältig geworden, ohne jedoch auf Experimente zu verzichten. „Better Dreaming“, die Hymne auf Hoffnung und Selbstliebe, lebt TripHop-Understatement und lässt seinen Bass immer dominanter auftreten, während das Chaos der zweiten Hälfte für wohlige Verwirrung sorgt. Die genussvolle und doch herzhafte Entspannung von „Perpetual Motion“, das so etwas wie nervöse Rast für sich entdeckt, ist mindestens so spannend wie das frühlingshaft-ätherische „Never Look Back“ – funky und kunstvoll zugleich. Im abschließenden „Sanctuary“ wird die Eskalation gelebt, und Garbus perfektioniert dies mit einzigartiger, atemberaubender Stimmakrobatik.
Übermäßig radiofreundlich werden Tune-Yards wohl nie, doch geht das Gros des Materials mehr denn je ins Ohr, ohne das Art-Herz zu ersticken. „Better Dreaming“ versucht viel, tobt sich kreativ aus und gibt sich insgesamt eine Spur direkter, packender, eingängiger. Merrill Garbus bleibt eine Meistern faszinierender Vokal-Spielereien, kann ihre Stimmfarbe in Sekundenschnelle anpassen und damit einen kompletten Song aus dem Nichts umstellen. Das ergibt reizvolle, experimentelle Ausritte, aber eben auch Disco, Funk, House, TripHop und Chamber-Pop der harmonischen, einnehmenden Sorte. Durchaus zugänglich, im besten Sinne unerwartet und letztlich typisch Tune-Yards: Hier bewegt man sich von Herzen gerne.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 16.05.2025
Erhältlich über: 4AD / Beggars Group (Indigo)
Website: tune-yards.com
Facebook: www.facebook.com/tuneyards