Scams – Add And Subtract

Scams

So bitter das auch ist, es ist nun mal passiert: „Rewrite Fiction“, das Debütalbum von Scams, ging unter. An der musikalischen Qualität kann es zumindest nicht gelegen haben, denn der Einstand der vier Nordengländer entpuppte sich als kurzweilige Indie Rock-Platte mit einem Faible zu Math-Klängen und einer Prise Pop. Potentielle Nachfolger für Songperlen wie „Youngblood“ und „Lost For Words“ stehen 17 Monate nach dem Erstling aber bereits in den Startlöchern. Auf „Add And Subtract“, das gemeinsam mit Johann Scheerer (1000Robota, Krakow Loves Adana) abermals im Hamburger Clouds Hill Recordings eingespielt wurde, setzen Scams ihren Weg unbeirrt und mindestens ebenso hitverdächtig fort.

Zu den neuen Lieblingen zählt beispielsweise der Opener „Be A Gentleman“, der vorab als Live-Version digital veröffentlicht wurde. Die kleineren, beinahe balladesken Zäsuren nehmen kurzzeitig die Luft raus, während die Gitarren dadurch deutlich intensiver klingen. Andy Morgan leidet wunderbar über den Refrain, die dezent eingesetzten Math-Sprengseln machen Laune. Aber auch die Liebe zu Marvin Gaye und Destiny’s Child hört man gelegentlich raus; nicht nur gesanglich, sondern auch in so manchem Song. Die Strophen von „It’s War“ haben beispielsweise durchaus RnB-Qualitäten, gerade wenn weitestgehend klare, reduzierte Melodien die mächtige Distortion-Wand in den Hintergrund drängen.

„Pyramids“ wirkt ebenso beseelt, spielt aber auch mit Math-Elementen und Ibiza-Gitarren, sommerlicher Dance-Mucke, ohne jedoch die Comfort Zone zu verlassen, die auf hibbeligen Indie Rock mit starker Verzerrung setzt. Bei Scams muss es ordentlich knallen, was die ruhigen, zurückhaltenden Momente um so spektakulärer macht. „Lifeboats“ zählt dazu und entpuppt sich als smoothes Highlight des Zweitlings. Die Math-Rock-Basis mit Querverweisen auf Foals und The Cast Of Cheers geht in die Beine, doch abermals sind es dezent eingesetzte Soul-Melodien und große Harmonien im Refrain, die das Gesamtbild entscheidend mitgestalten.

Scams geben ihrer Musik eine gewisse Art von Seele (in ihrem möglichst mehrdeutigen Sinn) mit, öffnen sich mehr und mehr dem Groove, wirken auf ihrem zweiten Album in den ruhigen Momenten noch leidenschaftlicher. „Add And Subtract“ passt als Titel zu einer Platte, die noch stärker auf Math-Elemente setzt, ohne sich in Labyrinth-artigen Songstrukturen zu verlieren. Es geht vor allem darum, durch verschiedenste musikalische Einflüsse Akzente zu setzen, für Abwechslung zu sorgen. Am Ende des Tages geht es um verzerrte Gitarren, Harmonien und einen verspielt singenden Andy Morgan, der im Distortion-Dickicht die Übersicht behält. Ob dieser Nachschlag „Rewrite Fiction“ toppt, wird wohl erst die Zeit zeigen. Das Level konnte auf jeden Fall gehalten werden, scheinbar mühelos.

VÖ: 24.08.2012
DevilDuck Records (Indigo)

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