The Mary Onettes – Hit The Waves

The Mary Onettes

Warum sind The Mary Onettes bislang nicht auf die Idee gekommen, ein Album mit dem Titel „No Strings Attached“ aufzunehmen? Gut, vermutlich will man dem offensichtlichen *NSYNC-Vergleich aus dem Weg gehen, auch wenn der clevere Bandname die Puppen tanzen lassen möchte. Dabei könnte das Quartett aus dem schwedischen Jönköping nicht weiter von generischem Boyband-Sound entfernt sein: ihr düsterer Gitarren-Pop mit 80s- und Synthi-Einschlag ist New Romantic durch und durch. Dass diese süßliche Melancholie medienübergreifend funktionieren kann, zeigen unter anderem Soundtrack-Einsätze in der Ärzteserie „Grey’s Anatomy“. Ihr drittes Album „Hit The Waves“ hat Nachschub im Gepäck.

Ihr beiden stärksten neuen Songs feuern die Schweden gleich zu Beginn des Albums ab. Die Single „Evil Coast“ übt sich in zartem Understatement, stellt die Gitarren in eine überdimensionale Echokammer und lässt Philip Ekström mit sich selbst eine Art Duett singen. Die gedoppelten Gesangspassagen gehen durchaus unter die Haut, passen zum verschleppten, schwerfälligen Auftreten. Harmonien und bittersüße Keyboard-Ausflüge dominieren das Geschehen. Nur eine Tür weiter knüpft der Titeltrack „Hit The Waves“ nahtlos daran an, tunkt Zuckerguss in einen Bottich Terpentin ein. Der Refrain schillert geradezu, bietet sich ob seiner Ohrwurm-Qualitäten als künftige Auskopplung an und lässt sich nicht tot hören.

Damit ist beileibe noch nicht alles gesagt. Kleine und große Highlights werden weiträumig über das gesamte Album verteilen. Die singenden Gitarren in „Years“ gehen unter die Haut, ebenso der Uptempo-Synthi-Popper „Can’t Stop The Aching“. Einzig „Don’t Forget (To Forget About Me)“ ist eine Spur zu glatt ausgefallen, verkrampft auf 80er Jahre getrimmt. Wie gut, dass das frühlingshafte „Unblessed“ (eine Kampfansage an Gypsy & The Cat?) etwaige Zweifel binnen Sekunden wegwischt. Zum Abschluss wird es noch berührend: „How It All Ends“, auf das Wesentliche reduziert, lebt von mit Hall- und Echo-Effekten belegtem Gesang und melancholischen Keyboard-Exkursen. Ekström klingt in manchen Momenten wie ein trauernder Schotte.

The Mary Onettes setzen ihre Serie an starken Alben ganz locker fort. „Hit The Waves“ kann mit seinen Vorgängern ganz locker mithalten, hat im Titeltrack, „Evil Coast“ und „How It All Ends“ drei Standouts parat, denen ein einziger Teil-Ausfall gegenüber steht. Beinahe will man den Sound der Schweden ob seiner markanten Gitarren als The Cure-Pop abtun, man würde dem Quartett jedoch Unrecht tun, sie auf diesen – augenscheinlich wichtigen – Einfluss zu reduzieren. Tief in den 80ern verwurzelt, bittersüß, melancholisch und erfrischend eigenwillig – abermals großes Kino.

The Mary Onettes - Hit The Waves

Hit The Waves
VÖ: 15.03.2013
Labrador Records (Broken Silence)

The Mary Onettes @ Home | @ Facebook
„Hit The Waves“ @ Amazon kaufen