Elif – Unter meiner Haut

Elif

Wenn man durch Zufall auf einige Auftritt Elifs in der Vergangenheit im Netz gestoßen wäre und man darauf erfahren hätte, dass sie zuvor bei Popstars im Finale stand, dann könnte es zu einem Stirnrunzeln kommen. Die Vorstellung passt nicht ganz, die eher introvertiert wirkende Elif zu „Daylight“-Hymnen performen zu sehen. Vermutlich kam es nie dazu. Wahrscheinlicher ist, dass Elif wertvolle Kontakte knüpfen und somit an ihrer Musik feilen konnte. Für ihr zartes Alter wird da nämlich ein reifes Werk vorgelegt: Am vorletzten Tage des Sommermonats August veröffentlicht Newcomerin Elif ihr Debütalbum „Unter meiner Haut“.

Der Erstling beginnt mit dem Titeltrack, der als durchaus repräsentativ für den Longplayer anzusehen ist, wenngleich es sich hier doch um eine dramatisch aufgeladene, leicht sperrige Popballade handelt, was nur eine von einigen Facette der Musikerin zu sein scheint. Viele werden sich gefragt haben, was aus „Nichts tut für immer weh“ geworden ist: Mit dem Lied hatte die damals 18-Jährige bei „Inas Nacht“ einen bemerkenswerten Auftritt hingelegt, der mit zahlreichen Klicks im Netz belohnt worden ist. Entwarnung! Die Albumversion überzeugt auf ganzer Linie. Der Einsatz von Streichinstrumenten verleiht der eingängigen Perle noch mehr Charme, wenngleich die Live-Version im TV ebenfalls durch seine Schlichtheit brillierte. Weiter geht es mit „Regenstadt“ und „Ich bin da“: Einmal verliebt in trostloser Umgebung und einmal die nachhaltige Expression, sich nach dem Ende einer Beziehung leider nicht in Luft aufgelöst zu haben. Die Lieder in Soundkostümen zwischen Pop und Singer/Songwriter besitzen Tiefgang und sind lyrisch gewürzt.

„Der Anzug“ erweist sich dann als erste lautere Nummer auf  „Unter meiner Haut“. Auch diese Töne stehen der Tochter Berlins, so wie sie sich selbst nennt. Sie bastelt recht gerne, heißt es. Musikalisch. Dabei überrascht, dass das Album eher so klingt, als sei es aus einem Guss entstanden, was als Kompliment anzusehen ist. Das Ergebnis von ein paar Bastelstunden ist es jedenfalls sicher nicht. „200 Tage Sommer“ erschien bereits als locker-flockige Single, die etwas zu glatt gebügelt worden ist. Allerdings geht es dann rasch bergauf: Hinter „Zirkus“ verbirgt sich ein großer Schatz. Ungewöhnlich dabei ist, dass der Titel des Liedes in den selbstverfassten Lyrics nie vorkommt. Die fragile Popballade punktet besonders durch Elifs unverwechselbare Stimmfarbe. Diese verkörpert eine ähnlich hohe emotionale Kraft, wie man es aus gefühlsbetonten Liedern der Norwegerin Maria Mena kennt.

Geschichten, die unter die Haut gehen,  scheint die hübsche Sängerin sehr gern mit ihren Songs zu erzählen. „Ein Wort“ ist ein weiteres prototypisches Beispiel dafür, dass dies in Liedform sehr wohl gelingt. Dann schildert die Musikerin über phantastische Begegnungen, die Liebe („Du“) oder ebenfalls Gefühle negativer Natur („Du kannst mir nichts“). Mitfühlend wird man bei „Baba“, in welchem Elif intimen Einblick in ihre Familie gewährt. Die eingesetzten Instrumente fügen sich in einer zurückhaltenden Selbstverständlichkeit fast wie impressionistische Schleiher um die Worte der Liederschreiberin. Auf „Ewig“ blitzt endlich Temperament und wieder gekonnter Wortwitz hindurch. Wundervoll ist zudem „Feuer“ geworden, das den Abschied eines Menschen ins Ungewisse behandelt: „Bis dein Universum dir eine Antwort gibt, und deine Waage auf der einen Seite schwerer wiegt, ich geb dir Feuer, ich wünsch dir Feuer“. Liebevoll gestaltet Elif den wohlwollenden Wunsch, an den suchenden Menschen und Freund.

Was könnte ein Album treffender abrunden als ein „Danke“? Der Longplayer endet genau so, dabei könnte man der jungen Schönheit wahrlich viel länger gebannt lauschen. Der Titel „Unter meiner Haut“ verspricht keinenfalls zu viel. Jetzt, wo Elif unter die Haut gegangen ist, würde man sie arg vermissen, wenn es sie nicht gäbe. Zum Glück tut sie das und bastelt hoffentlich auf ihre Weise noch an vielen weiteren Geschichten in Form ihrer Musik.

Elif - Unter meiner Haut

Unter meiner Haut
VÖ: 30.08.2013
Vertigo Berlin (Universal Music)

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