Evergrey – Theories Of Emptiness

Evergrey sind wieder da – wobei weg waren sie ja in den letzten 30 Jahren eigentlich nie. Die schwedischen Heroen des Progressive Metal haben ihr neuestes Werk mit Namen „Theories Of Emptiness“ fertiggestellt. „Für uns ist es das Wichtigste, uns weiterzuentwickeln“, betont Frontmann Tom S. Englund. „Wir wollen nicht, dass unsere Musik stagniert, sondern dass sie innovativ bleibt. Mit jedem Album streben wir nach etwas Neuem – einer einzigartigen Nuance, einem neuen Klang, einem frischen Ansatz im Songwriting oder nach innovativen Produktionstechniken.“ Ein hehrer Anspruch für eine Band, die bereits das 14te Album an den Start bringt und bis dato in all ihren veröffentlichten Songs einen einzigartigen Wiedererkennungswert mitbringt, all der Innovation zum Trotz. Das muss man erstmal so hinbekommen.
Also, Ohren auf für „Theories Of Emptiness“. „Falling From The Sun“ macht den Auftakt, drängt von der ersten Sekunde an nach vorne und besticht mit famosen Keyboardflächen und simpler, aber eingängiger Melodie. Wesentlich tiefgründiger und tempotechnisch reduzierter windet sich „Misfortune“ mit Chorgesang im Refrain, einem tollen Gitarrensolo und verbreitender Endzeitstimmung direkt in die Gehörgänge. In „To Become Somebody Else“ nimmt die Band zunächst einen weiteren Gang heraus, doch nach dem ersten bedächtigen Vocalpart entwickelt der Song eine gar monströse Energie und lässt diese auf den Hörer in knapp sechs Minuten herniederprasseln. Ein atemberaubendes Stück Musik.
Track Nummer vier heißt kurz und knapp „Say“, ist herrlich proggy in Szene gesetzt, mit dem Einsatz der Hammondorgel und furios aufspielenden Riffs eines meiner Highlights des neuen Albums. Es folgt „Ghost Of My Hero“, eine Power-Ballade, melancholisch, pathetisch und anmutig, vor dem inneren Auge sitzt man auf einer Klippe und schaut in die tosenden Gezeiten unter sich, schwelgend in Erinnerungen. Gänsehaut überall. „We Are North“, das direkt folgt, holt einen unmittelbar aus der Träumerei heraus, hat einen leichten Amon Amarth-Einschlag und pflügt sich seinen Weg voran. Wenn man einen Song herausnehmen muss, der nicht ganz dem durchweg hohen Niveau standhält, fällt meine Wahl auf „One Heart“, das mir eine Spur zu vorhersehbar arrangiert ist.
Als ganz anderes Kaliber kommt „The Night Within“ daher, der Track hat alles, was die großen Hits der Band in der Vergangenheit ausgemacht hat: Power, Emotion, spielerische Brillianz. Es folgt „Cold Dreams“ mit Katatonia-Sänger Jonas Renkse als Feature-Gast, der sich sehr dezent in den Song einpasst. Keine Frage der Track geht mit seinen fast sieben Minuten Spielzeit und der musikalischen Tiefe direkt ins Mark.
Zwei Songs folgen noch, zunächst „Our Way Through Silence“: hochmelodisch, midtempo-lastig, mit großartigem, weitflächigen Refrain und technisch perfekten Frickelriffs. Mit knapp zwei Minuten Spielzeit ist „A Theory Of Emptyness“ mehr Outro als Song, und könnte aus einem Computerspiel wie Final Fantasy entstammen, wenn die große Held:in des Games ihre Mission erfüllt hat und die Story auserzählt ist.
Fazit: Ein insgesamt fantastisches Album, ganz ganz nah an der Perfektion, das sich trotz (oder aufgrund?) der anfangs angekündigten Weiterentwicklung nicht nur nahtlos in die Diskographie der Band einreiht, sondern hell herausleuchtet. Großes Kompliment auch an das Produzententeam Tom S. Englund, Jonas Ekdahl und Adam „Nolly“ Getgood (Ex-Periphery) für den absoluten bombastischen und kristallklaren Sound. Ein Muss für Hörer des Genres.
Wertung: 5/5
Erhältlich ab: 07.06.2024
Erhältlich über: Napalm Records (SPV)
Website: evergrey.net
Facebook: www.facebook.com/Evergrey