White Lies – Big TV
Das wichtigste Album in der Karriere einer Band ist im Regelfall das dritte, es entscheidet über den endgültigen Durchbruch oder das nahende Karriereende. Während Debütalben oft frei von der Leber weg entstehen und die Zweitwerke ersten Freiraum für Experimente lassen, sollte man spätestens auf Album Nummer Drei seinen eigenen Stil etabliert haben, um sich auch langfristig im hart umkämpften Musikbusiness durchzusetzen. Dieser wichtige Schritt steht nun der britischen Post Punk-Revival-Band White Lies bevor, denen der Durchbruch bereits mit dem Debüt-Millionenseller „To Lose My Life…“ gelang, während „Ritual“ qualitativ einen deutlichen Schritt nach vorne, verkaufszahlenmäßig jedoch einen kleinen Rückschritt bedeutete. Alle Hoffnungen liegen nun also auf der neuen Scheibe „Big TV“.
Dass das Londoner Trio sein Handwerk nach wie vor beherrscht, beweist gleich der Opener und Titeltrack „Big TV“, der auch die Marschrichtung des Albums vorgibt. Musikalisch lässt sich nämlich eine leichte Entwicklung hin zu Synthiepop- und New Wave-Klängen verzeichnen. Natürlich stehen die Post Punk-Einflüsse noch immer im Vordergrund, doch da sich die Band auf „Big TV“ musikalisch wesentlich breiter aufgestellt hat, kommt die Scheibe wesentlich abwechslungsreicher daher als die Vorwerke. Dies zeigt sich auch beim zweiten Song „There Goes Our Love Again“, der zu den Highlights des Albums gehört und folgerichtig als Vorabsingle ausgekoppelt wurde, den Charteinstieg jedoch trotz seiner Hitqualitäten verfehlt hat.
Auch im weiteren Verlauf ist das Album nicht arm an Höhepunkten. So wird die entspannte, an jüngere OMD-Veröffentlichungen erinnernde Synthiepop-Nummer „First Time Caller“ durch das sphärische Zwischenspiel „Space I“ geradezu perfekt eingeleitet. Das emotionale „Mother Tongue“ mit seiner stimmungsvollen Synthie-Untermalung weiß ebenso zu begeistern wie das hymnenhafte „Getting Even“. Ab der Mitte geht den Briten dann aber etwas die Puste aus, da der Anteil der Ausfälle mit der Anzahl der Balladen zunimmt. Diese gehören nämlich nicht zu den Stärken der Band und so wissen sowohl das spacige „Change“ als auch das uninspirierte „Heaven Wait“ nicht zu überzeugen. Glücklicherweise findet die Scheibe mit dem flotten „Goldmind“, das gewissermaßen die Essenz eines gelungenen White Lies-Songs darstellt, aber doch noch zu einem versöhnlichen Abschluss.
„Big TV“ ist trotz der Schwächen im Mittelteil eindeutig ein Pflichtkauf, nicht nur für Fans der Londoner, sondern für alle Anhänger 80er Jahre-lastiger Musik mit Schwerpunkt auf Post Punk, Wave und Shoegaze. Die neu hinzugekommenen Synthiepop-Einflüsse bereichern den Bandsound und so ist die Scheibe trotz zweier schwacher Balladen das vom Gesamtbild her stärkste Album der Band geworden. Beim Kauf haben die Fans die Qual der Wahl, da es neben der regulären Fassung auch noch eine Limited Deluxe Edition, die eine Bonus-CD mit Demoaufnahmen enthält, und eine Vinylausgabe gibt. Egal für welche Variante sich entschieden wird, „Big TV“ gehört in jede gut sortierte 80ies-Revival-Sammlung und sollte, wenn es mit rechten Dingen zugeht, den Karrierestatus der Band weiter festigen.
Big TV
VÖ: 09.08.2013
Polydor Records (Universal Music)
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