Blue Rodeo – In Our Nature

Blue Rodeo

In ihrer kanadischen Heimat sind sie Stars und verdiente Mitglieder der nationalen Music Hall of Fame, in Europa 29 Jahre nach Gründung immer noch bloß ein Geheimtipp: Blue Rodeo um die beiden Sänger und Haupt-Songwriter Jim Cuddy und Greg Keelor ließen seit ihrem letzten Album ungewohnt lange vier Jahre verstreichen. Das lag vor allem an Keelors Problemen mit dem Gehör, die eine lange Auszeit, einhergehend mit kleinen Veränderungen in Sound und Herangehensweise, mit sich brachten. Die prominente E-Gitarre rückt ein wenig in den Hintergrund, der smarte, bewegende Country Rock ist dem 13. Studioalbum „In Our Nature“ erhalten geblieben.

Auf musikalischer Ebene ist die 13 für die kanadischen Veteranen alles andere als eine Unglückszahl, denn auf knapp 63 Minuten Spielzeit gibt es keinen echten Ausfall zu verzeichnen. Stattdessen begrüßt „New Morning Sun“ mit etwas verfeinertem Sound. Semi-akustische Country- und Folk-Klänge treten in den Vordergrund, ebenso übernimmt in diesem Song Cuddys weiche, helle Stimme die Führung. Mit Piano-Untermalung, entspanntem Rhythmus und gewohnt sauberen, mehrstimmigen Harmonien im Refrain fühlt man sich binnen kürzester Zeit wie Zuhause. Keelor hat ebenso wenig an Präsenz eingebüßt. Im nachdenklichen, bewegten „Wondering“ haucht er seinem Reibeisen neues Leben ein, illustriert urbanes Fernweh und romantische Sehnsucht.

Die große Kunst von „In Our Nature“ ist, wie so oft, die Abwechslung. Ein vergleichsweise klassischer, flotter Country-Rocker wie das unverschämt eingängige „Mattawa“ funktioniert prima neben der emotional aufgeladenen Halb-Ballade „When The Truth Comes Out“, dem schier endlosen Road-Schleichgang „Out Of The Blue“ und dem Western-Folk-Hit „In The Darkness“. Zur Höchstform laufen Blue Rodeo jedoch im Titeltrack „In Our Nature“ auf. Keelor singt zu einer bedrohlichen Akustik-Gitarre aus der Lanegan’schen Blues-Schule, bekommt nach und nach Unterstützung von Schlagzeug, Bass und Keyboard. Nach gut dreieinhalb Minuten driftet der Song schließlich in einen ausladenden Instrumentalteil ab, der den Bogen von Piano-Jazz zu Pink Floyd-Prog spannt – eine aufregende, rührende und irgendwie magische Reise durch die Musikwelt.

„In Our Nature“ ist, wie man vermuten konnte, anders und doch so, wie man es sich das von Blue Rodeo erwartet hat. Greg Keelor tritt nicht etwa komplett in den Hintergrund, er ändert letztlich seine Herangehensweise und die seiner Band ein wenig. Die kanadischen Country-Veteranen wirken klassisch und gleichzeitig revitalisiert, signalisieren Versöhnung und Aufbruchsstimmung. Speziell die musikalische Bandbreite des 13. Studioalbums beeindruckt. Das fortgeschrittene Alter merkt man Blue Rodeo keineswegs an, sie halten nach wie vor locker mit dem Nachwuchs mit und legen, über vier Jahre nach dem ebenso eindrucksvollen Doppelalbum „The Things We Left Behind“, ein weiteres Dokument für ihre Klasse vor. Wie guter, alter Wein scheinen diese Herren immer besser zu werden.

Blue Rodeo - In Our Nature

In Our Nature
VÖ: 15.11.2013
Blue Rose Records (Soulfood Music)

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