Clean Bandit – New Eyes

Clean Bandit

Kleines Rätsel zum Einstieg: Wie nennt man ein Musik-Quartett, welches aus zwei Geschwistern, einem Liebespaar und zwei Kindergartenfreunden besteht, und den Versuch antritt, elektronische Musik und Klassik zu vereinen? Richtig: Clean Bandit. Grace Chatto, Neil Amin-Smith, Jack und Luke Patterson haben in Deutschland mit ihrem Über-Hit „Rather Be“ bereits Anfang des Jahres den Anspruch erhoben, einen der Sommerhits 2014 zu stellen. Nun schicken sich die Musiker aus Großbritannien an, mit ihren Debütalbum „New Eyes“ zu beweisen, dass sie auch auf LP-Länge überzeugen können.

Wenn ein Album mit den Sätzen „So you think electronic music is boring. You think it is repetitive“ beginnt, muss es sich daran messen lassen, ob es diese Aussagen auch wirklich entkräften kann. Eins vorweg: „New Eyes“ kann das, was bereits die ersten fünf Tracks unter Beweis stellen. Allen voran zeigt die neue Single „Extraordinary“, dass das Konzept Violinklänge meets Elektrosounds wunderbar radiofreundlich verpackt werden kann. Die erst 16-jährige Gastsängerin Sharna Bass interpretiert den Song sowohl im sehr gefühlvollen ersten Teil, als auch im schnelleren zweiten Teil äußerst souverän und trägt nicht unerheblich zur Qualität des Songs bei. Generell setzen Clean Bandit auf dem gesamten Album, wie auch in einzelnen Songs, auf unterschiedliche Stimmen, um eine gewisse Mehrdimensionalität zu erzeugen. Bestes Beispiel hierfür sind Tracks wie „A&E“ oder „Dust Clears“, die bereits in den letzten Jahren veröffentlicht wurden. Letzterer ist zwar weniger auf Eingängigkeit getrimmt, dort gehen digitale und klassische Klänge aber eine besonders eindrucksvolle Symbiose ein. So bestimmt die tiefe Stimme von Bandmitglied Jack Patterson das verschlossen wirkende Intro, während Noonie Bao durch ihren quirligen Gesang unerwartet aus der Düsterkeit ausbricht und der Song letztlich durch das Einsetzen von Streichern sein komplettes Potential entfaltet.

An weiteren Genres bedient sich unter anderem „Come Over“. Mit karibischen Klängen und seinem Reggae-Anleihen im Chorus scheint die Zusammenarbeit mit Stylo G zunächst aus der Reihe zu tanzen, überzeugt aber spätestens durch die äußerst eingängige Hook, die zum Mitsingen einlädt. „Heart On Fire“ hingegen wirkt durch den tiefen Gesang von Elisabeth Troy und der von dumpfen Elektrobeats dominierten Instrumentierung etwas antiquiert. Gerade dessen versprüht sie jedoch den Charme einer R’n’B-Pop-Nummer aus den 1990ern. Bis zum Ende können Clean Bandit mit fast jedem Track von „New Eyes“ auftrumpfen, wie auch mit „Birch“. Die markanten Vocals von Eliza Shaddad werden auf diesem langsamsten Song des Albums von mysteriös wirkender Instrumentierung begleitet, die einerseits bis ins kleinste Detail geplant scheint. Andererseits verbleibt dem Song durch seine scheinbar willkürlichen Tempowechsel noch ein Überraschungsmoment, der dem Song eine gewisse Natürlichkeit und Ursprünglichkeit verleiht.

„New Eyes“ als Gesamtwerk wirkt trotz seiner äußerst unterschiedlichen Songs wie aus einem Guss. Die einzig wiederkehrenden Elemente des Albums sind die von Track zu Track wechselnden Gastmusiker, und der Fakt, dass die Bandmitglieder bei jedem Song für die Texte verantwortlich waren. Clean Bandit schaffen das, was viele versuchen und nicht hinbekommen: jeder Song klingt wie ein Original und ist auf seine Art und Weise herausstechend. Wenn auch nicht jeder Song gefällt, so hat er jedoch eine wichtige Funktion im Gesamtkonzept von „New Eyes“. Besitzer der Deluxe-Edition des Albums haben zudem die Gelegenheit zu bewerten, ob das Quartett aus England es auch auf den drei Bonustracks uns zwei zusätzlichen Remixes schafft, sich immer wieder neu zu erfinden.

Clean Bandit - New Eyes

New Eyes
VÖ: 30.05.2014
Atlantic Records (Warner Music)

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