Sans Parade – Artefacts

Sans Parade

Alles begann mit den Überresten eines Briefs, den das Trio Sans Parade während eines Videodrehs fand. Die zusammengestückelten Artefakte boten herzzerreißende Einblicke in eine zerbrochene Liebe und wurden zur Inspiration für das neue Album der finnischen Band. „Artefacts“ behandelt eine Reihe an Fundstücken und Fragmenten – Gesprächsfetzen vom Nachbartisch im Restaurant, alte chinesische Sprichwörter, religiöse Zitate aus dem Fernsehen – im gewohnt anspruchsvollen, herausfordernden Art-Pop-Format.

Zu Beginn scheint es beinahe, als würden die gesund geschrumpften Finnen ihre potentiellen Hörer aussieben wollen: „Fenland Tenebrae“, diese achteinhalb Minuten andauernde Sammlung aus Beeps, Bleeps, Synthi-Minimalismus, unterkühlter Effekthascherei und reduzierter Arrangierung fällt selbst auf dieser Platte aus dem Rahmen, blubbert obskur vor sich hin und hat doch seinen Reiz. Das nun folgende „Hyperborea“ wirkt gleich um einiges zugänglicher, auch wenn Sans Parade auch hier relativ übersichtlich bleiben. Weicher Gesang – mal sachte, mal hektisch – trifft auf wabernden Klangnebel mit seltenen lauten Momenten – erhaben und bewegend.

Jene Geschichte, die den Entstehungsprozess des Albums erst vorantrieb, findet sich ganz zum Schluss. „Letter Fragments Found On The Halinen Bridge“ – Sans Parade sind keinesfalls um aussagekräftige Songtitel verlegen. Zwischen melancholischem Marsch und melodischer Manie breitet sich ein weiteres schwer greifbares Machwerk aus. Sucht man nach vergleichsweise klaren, eingängigen Momenten, ist „The Premises Of A Life That Could Have Been Yours“ vielleicht der richtige Ort. Balladeske Strukturen treffen auf einen erhabenen Falsett-Refrain mit schneidenden Synthis und einen Hauch Weltschmerz.

Über weite Strecken, gerade anfangs, ist nicht klar, was Sans Parade vorhaben und wo sie hinwollen. „Artefacts“ wirkt auch musikalisch wie eine Sammlung solcher Fragmente, die auf beliebige Weise kollidieren und kuriose Readymade-Kunst ergeben. Tatsächlich liegt aber in dieser nur oberflächlichen Zufälligkeit der wahre Reiz dieses Albums. Kunstvolle Art-, wahlweise auch Anti-Pop-Mini-Epen begeben sich auf Sinnsuche und erzeugen eine besonders dichte, mitreißende, fieberhafte Atmosphäre. Die Finnen wirken wie getrieben und spielen mit jeder weiteren Minute noch größer auf; sicherlich kein Album für zwischendurch, wohl aber ein lohnenswertes, faszinierendes Kleinod mit hoher Langlebigkeit.

Sans Parade - Artefacts

Artefacts
VÖ: 27.11.2015
Stargazer Records (Broken Silence)

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