Patrick Watson – Wave

Patrick Watson
(c) Ilenia Tesoro

Die Art und Weise, wie sich Patrick Watson seiner Musik annähert, verzaubert immer wieder aufs Neue. Fragile Ansätze, gefühlvoll klassische Instrumentierung und brachliegende Emotionen begleiten den Chamber-Pop des 40jährigen Kanadiers. Seit dem letzten Album sind ungewöhnlich lange viereinhalb Jahre ins Land gezogen. Watsons Schlagzeuger verließ die Band, seine Mutter starb und seine Beziehung ging in die Brüche. Es war wie eine überdimensionale Welle, die ihn immer wieder umwarf. Diese „Wave“ versucht sich nun aus seelischen Untiefen herauszuziehen und zurück zum Glück zu finden.

Selten waren Fragilität und Emotionalität in Watsons Sound so ausgeprägt wie auf dieser Platte. Ausgerechnet einer der lautesten Exkurse bringt das auf den Punkt. Der Titelsong „The Wave“ übernimmt den namengebenden, wellenförmigen Aufbau und wächst von reduzierter Idylle zu einem wuchtigen Wunderwerk an, das schließlich und endlich überrollt. „See you on the other side“, singt Watson am Höhepunkt, das Herz zerspringt. Dass im direkten Anschluss eine so verspielte, ruhige, ja sogar jazzige Nummer wie „Strange Rain“ ohne den Hauch eines gefühlten Bruchs folgen kann, spricht für den Kanadier.

Wirklich laut wird es in weiterer Folge kaum, dafür hochgradig spannend. „Wild Flower“ scheint die Überreste der einst so mächtigen Post-Dubstep-Welle (da ist dieser Begriff wieder) zu adaptieren. Zumindest lässt das lockere und doch wuchtige Beat-Konstrukt genau das vermuten. Das eröffnende „Dream For Dreaming“ lebt hingegen das allgegenwärtige Kammer-Pop-Mantra mit seinem Soundtrack-artigen Schmiss in der zweiten Hälfte. Der Falsettgesang geht unter die Haut – wie auch das seit geraumer Zeit bekannte „Broken“ (eine von zwei in den letzten beiden Jahren veröffentlichen Stand-Alone-Singles) oder der gefühlvolle, fragile Rausschmeißer „Here Comes The River“.

Die namengebenden Wellen sind allgegenwärtig. Ob als wuchtige Klangwände oder emotionale Wechselspiele, Watsons Innenleben wurde noch nie so intensiv in den Mittelpunkt gerückt. „Wave“ wagt sich tiefer denn je in die Gefühlswelt des Protagonisten hinab, spielt geschickt mit kleineren Experimenten und besinnt sich doch letztlich auf jene fragile Form von Pop, die dem Kanadier so liegt. Aus den tiefsten Tälern bezieht Patrick Watson Stärke, schöpft Mut und wagt verhalten hoffnungsvolle Blicke in die Zukunft. Auf dass diese deutlich rosiger sein möge.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 18.10.2019
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)

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