Kadavar – Kids Abandoning Destiny Among Vanity And Ruin

Kadavar
(c) Marina Monaco

Ein halbes Jahr nach dem Befreiungsschlag folgt die erneute Kurskorrektur mit alten Mitteln und frischem Wind: Kadavar brauchten „I Just Want To Be A Sound“, um wieder zurück in die Spur zu finden, um sich von Altlasten zu befreien und die Sackgasse großzügig zu umgehen. Jascha Kreft von Odd Couple, der inzwischen fix ins Line-up integriert wurde, half dabei fleißig mit. Den Nachfolger sehen sie als Negativ dieser Platte, selbst von einer Art zweitem Debütalbum ist die Rede. Es ging zurück zu fuzzigen Ideen, zu psychedelischem Space-Wahnsinn und zur analogen Bandmaschine, ohne jedoch die eigene Entwicklung der letzten Jahre zu ignorieren. „Kids Abandoning Destiny Among Vanity And Ruin“, kurz „K.A.D.A.V.A.R.“, versteht sich als klassische Rockplatte.

Freilich wird das den neun neuen Songs bestenfalls bedingt gerecht, wobei es kaum möglich scheint, diese adäquat auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Angetrieben vom Drang, den inhaltlichen Blick nach außen zu richten, entstand ein Doomsday-Album, das im Angesicht des Untergangs jede erdenkliche Heavyness versammelt. Im Falle des überlangen Rausschmeißers „Total Annihilation“ artet das sogar in einem echten Thrash-Bastard aus. Zumindest eine Hälfte lang, denn im Hintergrund bäumt sich bereits eine komplett konträre Monstrosität auf, die mit Kraut und Psychedelia anbandelt, den Abgang gezielt entfremdet. Das kommt schon mal im besten Falle unerwartet.

Und ist nur eine von vielen gleichermaßen vertrauten wie frischen Ideen. Der legere Bounce eines „You Me Apocalypse“ geht charmant und tiefenentspannt nach vorne, blubbert durch fuzzige Untiefen und löst schließlich einen hymnischen Space-Rock-Hauptteil aus, der die Arme ausbreitet. In „Lies“ ist es hingegen lässige Coolness, die das Tempo vorgibt und doch nur selten aus sich herausgeht. So weit zurückgelehnt wie möglich, ziehen die Midtempo-Schleifen und die endlosen Soli immer engere Kreise. Hier wartet bereits die Fanfare „Explosions In The Sky“ und spielt mit verträumten, zeitlosen Psychedelia-Klängen – immer größer, immer himmlischer, immer vorwitziger. Der Quasi-Titelsong „K.A.D.A.V.A.R.“ schlägt mit forscher Wut, virutoser Gitarrenarbeit und gelegentlicher Eingängigkeit die Brücke zwischen dem letzten Album und dem Frühwerk.

Diese Brücke steht auf wackeligen Pfeilern, zumindest gelegentlich, aber das geht schon in Ordnung. Kadavar spielen sich einmal mehr frei, auf komplett andere und doch so begeisternde Weise. Was, schon wieder ein Befreiungsschlag? Klar, das Quartett dreht seinen Sound innerhalb eines halben Jahres gleich doppelt auf links, doch geht dieser Mut zum Risiko hörbar auf. „Kids Abandoning Destiny Among Vanity And Ruin“ arbeitet zu gewissen Teilen mit vertrauten Ideen und greift etwas auf die Anfangszeit zurück, spielt geschickt mit dem vielschichtigen, sympathischen Wahnsinn der letzten Releases und erschafft daraus etwas Neues. Einmal mehr erweisen sich Kadavar als eine der aufregendsten Rockbands des Kontinents.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 07.11.2025
Erhältlich über: Clouds Hill (Broken Silence)

Website: www.kadavar.com
Facebook: www.facebook.com/KadavarOfficial