Grandaddy – Blu Wav

Grandaddy
(c) Dustin Aksland

Etwa sieben Jahre ist das letzte reguläre Grandaddy-Studioalbum her. Zwei Monate nach dem Release starb Gründungsmitglied Kevin Garcia urplötzlich an einem Herzinfarkt, er wurde nur 41. Mastermind Jason Lytle widmete sich im Anschluss erst einmal einem Solowerk sowie einer Klavier-Interpretation des legendären „The Sophtware Slump“-Albums, bevor es wieder zurück zu Grandaddy ging. Bloß klingt die Indie-Institution etwas anders. Bei einer Autofahrt durch die Wüste Nevadas hörte er Patti Pages „Tennessee Waltz“ und hatte eine zündende Idee: Wie würde es klingen, wenn man Bluegrass-Waltz-Sounds mit New Wave und Elektronik vermengt? Das Ergebnis liegt nun in Form von „Blu Wav“ vor.

Dass selbst ein Country-Waltz der vertrauten Grandaddy-Magie nichts ‚anhaben‘ kann, zeigen Songs wie „Watercooler“. Charmanter Pedal-Steel-Einsatz und zurückgenommene, gefühlvolle Klänge treffen auf Lytles nach wie vor ätherische Stimme, die mit einer magischen Aura der Leichtigkeit alles ein klein wenig schöner macht. „East Yosemite“ bringt diesen Ansatz auf den Punkt, reduziert die Instrumentierung auf ein Minimum, greift das wiederentdeckte Klavier auf und schwebt auf einer entfremdeten Americana- und Bluegrass-Welle den Sternen entgegen – pure Magie in nahezu perfekter Reduktion.

„Cabin In My Mind“ schleppt sich erst einmal durch die Szenerie, doch funktioniert dieser gefühlvolle Ansatz gar wunderbar. Zumindest auf den ersten Blick passiert herzlich wenig, doch kommt exakt das Grandaddy bestens, weil das Arrangement sich auf diese Weise anschleichen kann. Hingegen bringt „Long As I’m Not The One“ von Anfang an diese wunderbare bittere Süße ein, die man sich von der Band erwartet, die mit Wave-Untertönen auch in der Waltz-Schwerfälligkeit auftrumpfen kann und selbst wie die perfekte Begleitung zur nachdenklichen langen Autofahrt klingt. Das Storytelling von „Ducky, Boris And Dart“ knüpft an Glanzzeiten an, bricht das Arrangement auf das Wesentliche herunter und stiftet Harmonie.

Bestimmt ist „Blu Wav“ nicht jenes Album, das man sich von Grandaddy erwartet hat, doch ist das absolut in Ordnung. Angesichts deutlich geänderter Vorzeichen auf allen Ebenen könnte man fast an einen Neustart glauben. Überwiegend stellt Jason Lytles Stimme die Verbindung zu den früheren Alben her, ohne gänzlich mit dem Sound zu brechen. Gerade die Country- und Bluegrass-Anteile verlangen anfangs etwas Geduld, bevor sich die übliche, die bestens bekannte Stimmung ausbreitet. Immer noch bezaubernd, immer noch nachdenklich, immer noch eine Macht, bloß im besten Sinne anders – so freut man sich doppelt und dreifach über das Grandaddy-Wiedersehen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 16.02.2024
Erhältlich über: Dangerbird Records (Membran)

Website: www.grandaddymusic.com
Facebook: www.facebook.com/grandaddymusic