Steve Earle & The Dukes – Ghosts Of West Virginia

Steve Earle & The Dukes
(c) Jacob Blickenstaff

Für US-Präsident Donald Trump ist Kohle alles. Geld regiert so und so seine Welt, sein populistisches Faible für den fossilen Brennstoff verschließt sich ebenfalls jeglicher Logik, wie so vieles an dieser bizarren Erscheinung. Vom schwerwiegenden Verschmutzungsgrad abgesehen, ranken sich unzählige Geschichten um Verfehlungen im Sicherheitsbereich von Kohleminen. Country- und Americana-Ikone Steve Earle widmet sein neues, 20. Studioalbums „Ghosts Of West Virginia“ einem verheerenden Minenunglück.

Gemeinsam mit einem Theaterteam interviewte Earle die überlebenden Bergleute und Familien der Katastrophe in der Upper Big Branch Mine in Raleigh County, West Virginia, das 29 Kumpeln das Leben kostete und, wie sich später herausstellen sollte, angesichts Verfehlungen des Förderunternehmens vermeidbar gewesen wäre. Entsprechend spricht ein Track wie „Devil Put The Coal In The Ground“ aus dem Herzen aller Beteiligter. Irgendwo zwischen Country, Folk, Americana und Spiritual-Anleihen schütteln Earle und seine Dukes einen der besten Songs dieser Platte aus dem Ärmel. Der grandiose Wechselgesang des Intros „Heaven Ain’t Goin‘ Nowhere“ geht angesichts der Tragödie doppelt unter die Haut.

Das bewegende „If I Could See Your Face Again“, von Geigerin Eleanor Whitmore intoniert, drückt ebenfalls auf die Tränendrüse und könnte direkt aus dem Angehörigenkreis stammen. „It’s About Blood“, heißt es an anderer Stelle – pointierter, fordernder und kantiger Country-Rock. Earle zählt die Namen aller Opfer auf und spart nicht mit Kritik. Die Nachwirkungen thematisiert „Black Lung“ mit folkigem Twang, während „Union, God And Country“ – ein klassischer Country-Song – auf die Hintergründe der Arbeiter eingeht. Das packende, traditionelle „John Henry Was A Steel Drivin‘ Man“ will ebenfalls nicht unter den Tisch fallen.

Alleine schon aufgrund seiner Thematik ist „Ghosts Of West Virginia“ ein Muss. Steve Earle wird zur Stimme der Opfer und Überlebenden, nimmt kein Blatt vor den Mund und zollt den Verstorbenen auf bewegende Weise Tribut. Zudem ist das 20. Studioalbum des Country-Veteranen schlicht und ergreifend verdammt gut geworden. Von der gewohnt kurzweiligen Bandbreite über das selbstbewusste, vielfältige Songwriting bis zur in jeder einzelnen Zeile verankerten Leidenschaft ergibt sich abermals eine von vorne bis hinten stimmige Platte, welche dem ohnehin bereits eindrucksvollen musikalischen Erbe Earles ein weiteres großartiges Kapitel hinzufügt.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.05.2020
Erhältlich über: New West Records / PIAS (Rough Trade)

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