Steve Earle & The Dukes – Guy

1974 fuhr Steve Earle per Anhalter von San Antonio nach Nashville, kurze Zeit später spielte er Bass in Guy Clarks Band. Die Country- und Folk-Ikone wurde zu Earles Mentor, immer wieder spielte man zusammen, bloß die Bestrebungen einen gemeinsamen Song zu schreiben, blieben unerfüllt: Guy Clark erlagt 2016 seinem Krebsleiden. Gemeinsam mit seinen Dukes zollt Steve Earle seinem Meister nun Tribut mit dem Cover-Album „Guy“.

In einer bekömmlichen Stunde tankt sich Earle durch sämtliche Karrierephasen seines Mentors. Ein „Desperados Waiting For A Train“, einer von Clarks ältesten und bekanntesten Songs, darf natürlich nicht fehlen. Mit Reibeisenstimme erhält der klassische Americana-Track eine herrlich melancholische Note, die im grandiosen „The Last Gunfighter Ballad“ eine fantastische Fortsetzung erfährt. Das unrühmliche Ende des letzten Pistolenmeisters, ins folkige Country-Outfit gepresst, sorgt für Gänsehaut.

„L.A. Freeway“, ein weiterer Clark-Klassiker, darf ebenfalls nicht auf diesem Album fehlen. Der berührende, reduzierte Country-Song erzählt vom mühevollen Leben auf Achse und erhält in seiner gelungenen Rührseligkeit bestenfalls von „That Old Time Feeling“ Konkurrenz. Der „Dublin Blues“ spielt mit rockigerem Charme, nimmt eine Fidel mit auf den Weg und schwillt immer größer, immer gewaltiger an. Mit der flotten Folk-Nummer „Sis Draper“ und dem beschwingten „Rita Ballou“ halten sich obendrein noch ein paar lebhaftere Momente auf dieser Platte versteckt.

Mit dieser tiefen Verneigung vor seinem alten Freund und Mentor gelingt Steve Earle ein weiterer Volltreffer. „Guy“ lebt und atmet die musikalische Essenz von Guy Clark, klingt aber dennoch zu 100 % nach dessen Schüler. Es ist eine jener Platten, die für die Wandlungsfähigkeit Earles und seiner Dukes spricht, eine Sammlung großartiger Songs zwischen Ehrerbietung und Aufbereitung für eine neue Generation. Nach dieser mitreißenden Stunde muss man sich unbedingt mit Guy Clarks musikalischem Erbe auseinandersetzen. Es lohnt sich.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 29.03.2019
Erhältlich über: New West Records / PIAS (Rough Trade)

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