Louis Jucker & Coilguns – Play Kråkeslottet [The Crow’s Castle] & Other Songs From The Northern Shores

Louis Jucker & Coilguns
(c) Noé Cauderay

Im vergangenen März veröffentlichte Tausendsassa Louis Jucker sein neues, experimentell angehauchtes Folk-Album „Kråkeslottet [The Crow’s Castle]“ und holte sich seine Band Coilguns – eher im Math-, Noise- und Hardcore-Punk-Bereich verankert – als Begleitung mit auf Tour. Vom begeisterten Feedback beflügelt, hängte man zwei Studiotage ans Ende der Tour dran und spielte die deutlich lautere, kratzigere Bühnenversion ein. Diese erscheint nun als „Play Kråkeslottet [The Crow’s Castle] & Other Songs From The Northern Shores“ – natürlich auf dem eigenen Label von Jucker und seinem Coilguns-Kollegen Jona Nido.

Das waren erst einmal viele etwas unübersichtliche Fakten, doch die Musik passt sich dieser dezenten Konfusion durchaus an. Es ist alles andere als einfach diese Dreiviertelstunde irgendwo festzunageln. Selbst „A Simple Song“ ist eben das nicht, was jedoch prima ins Bild passt. Das schräge, schroffe und doch hymnische Auftreten – etwas Alternative Rock, dazu Noise und Prog – schneidet mit wachsender Begeisterung durchs Fleisch, ist harmonisch und abweisend zugleich. Letzeres trifft vor allem auf „Back From The Mine“ zu. Hier taucht Coilguns’sche Düsternis auf, ohne dem Wahnsinn zu verfallen. Juckers Falsett erinnert hingegen an Arcade Fire, obwohl man meilenweit von den Kanadiern entfernt ist.

Wirklich komplex wird es erst gegen Ende, denn die letzten beiden Songs nehmen über 16 Minuten in Anspruch und brechen die ohnehin locker gehaltenen Strukturen komplett auf. „Merry Dancers“ liefert ruhigen, bedächtigen Prog-Folk der meditativen Ambient-Sorte, mit Drone und Post Rock flirtend. Echte Eruptionen tauchen erst im Abschluss auf, wenn die zweite Hälfte von Stay (In Your House)“ das Tempo anzieht und ein gekonnt entstelltes Riff aus dem Rock-Lehrbuch über Bleigießer jagt. Die harmonische Bedrohlichkeit von „Stargazer“ will ebenfalls nicht unerwähnt bleiben – ein beklemmendes, jenseitiges und doch faszinierendes Stück Musik.

Nicht immer erschließt sich gleich, was Louis Jucker & Coilguns vorhaben. Selbst wenn man das Original kennt – für den Hörgenuss übrigens nicht essenziell, dennoch empfehlenswert – weiß die Kråkeslottet-Bearbeitung wiederholt zu überraschen. Locker aufgetürmte Arrangement-Fetzen treffen auf den treibenden Wahnsinn der eierlegenden Wollmilchsau, nur um wenig später mit harmonischer Bedrohlichkeit zu kollidieren. Im Idealfall lässt man sich einfach auf diese Reise ein und treiben. Es lohnt sich immer und immer wieder.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 10.07.2020
Erhältlich über: Hummus Records

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