Uniform – Shame

Uniform
(c) Ebru Yildiz

Nettigkeiten werden überbewertet. Zumindest scheint dies der Sound von Uniform zu suggerieren. Das Trio aus New York zockt fiesen, durchaus abstoßenden Noise Rock mit Industrial-Schlagseite und veröffentlichte neben diversen eigenen Platten überaus experimentelle Kollaborationen mit den Sludge-Lautmalern von The Body. Aktuell wieder auf eigenen Beinen stehend, bemüht die kürzlich um Schlagzeuger Mike Sharp gewachsene Band das Konzept des Film Noir sowie des Hardboiled Detective für seinen neuesten Streich, „Shame“.

Dreck sammelt sich unter den Fingernägeln, Schweißperlen treten auf die Stirn – in acht pointierten Kapiteln verursacht das Trio bekömmliches Unwohlsein. Ihren vielleicht eingängigsten Exkurs parken sie gleich zu Beginn: „Delco“ hat so etwas wie Charme, deutet zittrige Melodien an, wenn Michael Berdan über das ominöse Arrangement quengelt. Für Uniform-Verhältnisse hält sich das Störfeuer im Rahmen, zeitweise glaubt man eine verhinderte Hook wahrzunehmen – einfach, aber unverschämt effektiv. Davon bleibt im folgenden „The Shadow Of God’s Hand“ herzlich wenig übrig. Zwischen aufbrausenden Attacken und zäher Schwere tauchen urplötzlich ohrenbetäubende Quietschlaute auf, die durch Mark und Bein fahren.

Fortan lassen Uniform so richtig vom Leder. Ihr „Dispatches From The Gutter“ hätte zwar perfekte Punk-Länge, baut über weite Strecken jedoch monolithische Wände auf, nur um viel zu schnell im angedeuteten Chaos zu versinken. „Shame“, der Titelsong, greift in manchen Passagen das Leitmotiv des Openers auf, vielleicht noch einen Tacken wilder überspitzt und zugleich mit dem feinsten Hauch von Melodie angereichert. Schließlich zerlegt „I Am The Cancer“ das Album in seine Einzelteile. Acht Minuten voller Attacken, Noise-Wände, Shrieks und Squeals drohen den letzten Nerv zu rauben, doch geschicktes Riffing und kurzweilige Variationen überraschen mit unerwartetem Feinsinn, etwas punkig und thrashig zugleich.

Aber keine Sorge, Uniform werden nicht etwa noch radiofreundlich auf ihre alten Tage. Tatsächlich ist „Shame“ ein mehr als gelungener Soundtrack für Noir-Schwere, für einen Typus Harry Bosch, für Gewalt und gerade einmal den zartesten Schimmer Hoffnung. Die New Yorker servieren gewohnt hohe Noise-Kunst, die bei aller Unnahbarkeit so manche feinsinnige Überraschung offenbart… nur um wenige Sekunden später kopfüber in den nächsten Abgrund zu stürzen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 11.09.2020
Erhältlich über: Sacred Bones Records (Cargo Records)

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