ZAHN – Seite E

ZAHN
(c) DenpaFuzz

Sind 80 Minuten Musik etwa nicht genug? Mit ihrem Mammutalbum „Adria“ sorgten ZAHN Ende 2023 verdientermaßen für Aufsehen. Auf rein instrumentale Weise beleuchteten sie Urlaubsbanalitäten und ließen den Sound weiter anwachsen, krautiger und experimenteller erscheinen. Tatsächlich besitzt das Trio wohl noch Reserven und reizt diese nun genussvoll aus. „Seite E“ besteht aus drei Songs, die nach eigenen Angaben zu gut sind, um einfach so unter den Tisch zu fallen, die das Konzept weiter beleuchten und es dennoch schaffen, gekonnt und bestimmt auf eigenen Füßen zu stehen.

Der absolute, unbestrittene Höhepunkt wartet gleich zu Beginn: „Bain de Soleil“ ist einer jener Tracks, die ganz problemlos auf eigenen Beinen stehen können und doch prima zur noch aktuellen Platte passen. Industrial-artige Noise-Anleihen und forsche, stoische Drums lassen Licht und Schatten vor dem inneren Auge vorbeiziehen. Die Schattenseiten des Sonnenbads und die zunehmende Hitze werden auf spannende Weise greifbar gemacht. Mittendrin das plötzliche Fade-out, dann hebt das Ding ab: Aus dem Nichts legen ZAHN einen selbigen zu, erhöhen die Lautstärke deutlich und nehmen eine funkelnde, unnachgiebige Synthi-Line hinzu. Selbst die Flip-Flops bekommen Sonnenbrand.

Ganz so drastisch und eindringlich geht es nicht weiter, die übrige EP bemüht sich eher um so etwas wie Understatement. „Aula“ klingt nach dem Opener wie eine Zeitlupencoda, lässt die Drums laut und doch schleppend erklingen, während sich die weitere, zunehmend aufgetürmte Instrumentierung von ihrer beiläufigen Seite zeigt. Die schleppenden Momente der Ferien kriegen sogar Hammond-artige Klänge im Finale, während „Mandarine“ an seinen minimalistischen Loops beinahe erstickt. Fruchtige Erfrischung bleibt Mangelware – man meint das Surren des Kühlschranks, quenglige Klimaanlagen, ja sogar die ermüdende Zugfahrt nach Hause zu vernehmen.

Obwohl, rein technisch gesehen, nur der Opener so richtig im Hinterstübchen verhaftet bleibt, ist diese EP richt gut geworden, gerade als Ergänzung zu „Adria“. Klar, „Bain de Soleil“ ist ein Kunstwerk, ein nahezu epischer, lebhafter und belebender Track, der mit jedem Durchlauf größer wird, während die anderen beiden Songs vergleichsweise unscheinbar ums Eck kommen. Und doch können gerade diese Qualitäten punkten, weil sie es gekonnt schaffen, das Urlaubsthema zu ergänzen und weiter auszuarbeiten. In dieser Welt loser Assoziationen und packender instrumentaler Ausflüge schwimmen ZAHN oben auf, auch ohne Schwimmflügel.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 23.05.2025
Erhältlich über: Crazysane Records (Broken Silence)

Facebook: www.facebook.com/zahn.band