Jarle Skavhellen – Beech Street

Jarle Skavhellen
(c) Andris S. Visdal

Der Alltag mit seinen kauzigen Einzigartigkeiten und eigenwilligen Routinen dient Jarle Skavhellen seit jeher als Quell der Inspiration für seine Singer/Songwriter-Tracks. Vor wenigen Jahren debütierte der Norweger mit einer spannenden EP, schob schnell das erste Album „The Ghost In Your Smile“ hinterher und supporte unter anderem so großartige Künstler wie Ciaran Lavery und Villagers. Für den Nachfolger holte sich Skavhellen Tucker Martine an Bord, der eine seiner Lieblingsplatten („Evening Machines“ von Gregory Alan Isakov) produzierte. Das in Portland, Oregon aufgenommene „Beech Street“ ist das Ergebnis dieser Zusammenarbeit.

Manchmal will man sich einfach nur in den fahrbaren Untersatz setzen und die Welt an sich vorbeiziehen lassen. Der Opener „Drive“, ein amerikanisch beeinflusstes Lied – Skavhellen merkte im Rahmen der Aufnahmen erst, wie viel Americana in seinem Sound steckte – klingt wie eine solche Reise, getragen von der sanften und forschenden Stimme des Protagonisten. Kontinuierlich schwillt das Arrangement weiter an und nimmt zum Schluss sogar Streicher mit. Von derlei Wucht ist im anschließenden „Lion“ nichts zu hören. Stattdessen bemüht der Norweger Minimalismus, besinnt sich auf das Wesentliche und lässt den Song an sich im Mittelpunkt stehen.

Diese beiden Tracks illustrieren Skavhellens Credos, in ruhigeren Momenten ruhiger und in größeren Momenten größer klingen zu wollen. „Home By 5“ bemüht sich um eben jene Ruhe mit Folk- und Americana-Einschlag sowie einem Blick den Abgrund hinab, nur um doch weiterzumachen. Herumeiern sollen andere, Skavhellen setzt hingegen auf Leidenschaft und für Genre-Verhältnisse frontale Energie. Ein „20 Fathoms Deep“ wirkt wie eine überschwängliche Umarmung der besonders sanften, zärtlichen Art, packendes Solo inklusive. Hingegen erinnert „Winnebago“ im besten Sinn an Passenger, ohne komplett dem radiotauglichen Pop-Appeal zu verfallen.

Viel Leidenschaft und Elan ohne den Hauch von Übertreibung oder Schmalz: Auf „Beech Street“ lässt Jarle Skavhellen den Song tatsächlich Song sein. Obwohl die Arrangements eine Spur voller, beinahe überschwänglich wirken, schlägt der Norweger nie über die Stränge und stellt die smarte, gelegentlich durchaus intime Grundidee immer in den Mittelpunkt des Geschehens. Damit kann er tatsächlich mit seinen Tourpartnern, aber auch mit dem geschätzten Gregory Alan Isakov mithalten. Mehr noch, „Beech Street“ gibt Jarle Skavhellen endgültig seine ureigene Identität.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 08.01.2021
Erhältlich über: Nettwerk

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