TV Priest – Uppers

TV Priest
(c) Dan Kendall

Sie spielten im November 2019 ihren ersten Gig, als wäre es in einer anderen Zeitrechnung gewesen. TV Priest waren kurz davor, durchzustarten, als die globale Pandemie die Bühnen leer fegte. Davon zeigten sich die Londoner unbeeindruckt, veröffentlichten erste Singles und kamen bei Sub Pop unter, wo der schroffe, fordernde Post Punk in bester The Fall-Manier bestens aufgehoben ist. TV Priest fügen sich mit ihrem Erstling „Uppers“ nahtlos in die Riege furioser Upstarts ein, die den klassischen Sound mit wachsender Begeisterung zu neuen Ufern tragen.

Wer kann – gerade momentan – ernsthaft sagen, was der nächste Tag bringen wird? TV Priest zelebrieren diese Ungewissheit als Basis für zwölf brodelnde, nervöse und schroffe Tracks. Der Opener „The Big Curve“ mutiert zum Volltreffer, wenngleich die Voraussetzungen – verzerrtes Schrammeln und Charlie Drinkwaters beschwörender Sprechgesang – kaum spröder klingen könnten. Nach und nach setzen weitere Instrumente ein, der Track wächst und wird lauter, bricht kurz vor der erwarteten Implosion gekonnt weg. Hier macht „Press Gang“, Drinkwaters Hommage an seinen Großvater (ein Fotojournalist und Kriegsberichterstatter), mit nervöser Energie weiter. Zunächst passiert lange nichts, dann dreht der Track aus dem Nichts auf und erinnert in seiner Intensität an Protomartyr.

Von übermäßiger Eingängigkeit halten die Londoner nichts, das ist bestenfalls ein willkommener Nebeneffekt. Songs wie „Fathers And Sons“ zielen selbstverständlich nicht aufs Radio ab, doch gewinnt man dem schrubbendem Bass mit der Zeit etwas ab, brennt sich der eigenwillige Aufbau ein. Der Rausschmeißer „Saintless“ fällt nicht nur aufgrund seiner opulenten Spielzeit aus dem Rahmen. Drinkwaters Nachricht an seinen neugeborenen Sohn wird immer lauter und wilder, lässt sich von den eigenen Emotionen übermannen und brennt unter den Fingernägeln. Da kommt „Decoration“ als relativ direkter Groove-Bastard mit doppeltem Boden gerade recht.

Ein wunderbar rüpelhaftes Album bettet sich im Kleinhirn ein und lässt dort nicht mehr los: TV Priest zeigen sich hörbar von der kantigen Seite des Genres beeinflusst und holen dieses mit kurzweiligen Kunstgriffen in die Gegenwart. „Uppers“ beißt, kratzt und flucht, starrt tiefe Abgründe hinab und wirkt dadurch unerwartet befreit, beinahe schon euphorisch in seiner finsteren Fast-Aussichtslosigkeit. Bei aller Unzugänglichkeit knallt dieses Debüt trotzdem rein, geht in Herz und Beine. Solche Widersprüche finden sich nur in gutem Post Punk. Solche Widersprüche etablierten TV Priest zu dieser frühen Phase als nächste Hoffnungsträger der Schwere.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 05.02.2021
Erhältlich über: Sub Pop Records (Cargo Records)

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