Aaron Lee Tasjan – Tasjan! Tasjan! Tasjan!

Aaron Lee Tasjan
(c) Curtis Wayne Millard

Wie kann eine ganze Generation gleichzeitig so empathisch und so narzisstisch sein? Diese Frage rückt Aaron Lee Tasjan in einen selbstkritischen, autobiographischen Kontext und baut sein neues Album rundherum auf. Der Mittdreißiger aus New Albany im US-Bundesstaat Ohio tankt sich mit wachsender Begeisterung durch etablierte Schubladen und Retro-Sounds zwischen Rock, Pop, Glam und Soul. Genau das geschieht auch auf dem neuesten Werk, das nachdrücklich betitelte „Tasjan! Tasjan! Tasjan!“. Geht das als selbstbetiteltes Album durch?

Zu den interessantesten Tracks zählt „Up All Night“, eine Mischung aus Partyhymne und Warnung. Tasjan widmet jeder seiner drei Hauptsorgen – Gesundheit, Alleinesein und Geld – einen Absatz und bezieht Kraft aus dem Grübeln, begleitet von beseelt-glammigem Vintage-Pop. Apropos Glam: Der Opener „Sunday Women“ packt noch ein paar Schaufeln drauf mit seiner vorwitzigen Präsentation, dem schmissigen Falsett und einem Refrain, der zugleich so einfach und so genial ist. Wie Tasjan mühelos durch höhere Register tänzelt und diesen zeitlose Melodien abringt, bewegt und begeistert.

Jeder Song klingt anders und doch fügt sich das Puzzle fantastisch zusammen. „Dada Bois“ legt schüchtern los und bringt einen Hauch von Beatles aus den Untiefen seiner Sinnsuche hervor. Dem treibenden „Don’t Overthink It“ wohnt eine nervöse Energie inne, die sich in einer Art Power-Pop-Schablone auflöst und doch nie komplett verschwindet. Im nachdenklichen Abschluss-Doppel „Not That Bad“ und „Got What I Wanted“ schlägt Tasjan schließlich ruhige, reduzierte Töne an und bewegt mit diesem fragilen Ansatz. Zum Ausgleich serviert „Computer Of Love“ vorwitzige Indie-Pop/Rock-Sounds mit Tiefgang.

Aaron Lee Tasjan klingt selbstbewusster denn je, obwohl er sein Innerstes offenlegt. Das sollte eigentlich ein Widerspruch in sich sein, doch bezieht der Singer/Songwriter spürbar Kraft aus dieser reflektierten, selbstkritischen Ehrlichkeit, die zugleich als Ankerpunkt für größere gesellschaftliche Zusammehänge dient. „Tasjan! Tasjan! Tasjan“ ist ein wunderbarer Ausruf für ein wunderbares Album, so schillernd, vielschichtig und selbstbewusst. Tasjan möchte Kids, die sich ‚anders‘ fühl(t)en, eine Stimme geben – ein mehr als gelungenes Unterfangen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 05.02.2021
Erhältlich über: New West Records / PIAS (Rough Trade)

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