Kali Masi – [laughs]

Kali Masi
(c) Michelle Johnson

Reserviertheit ist ein Konzept, das Kali Masi nicht kennen. Bereits auf ihrem Debütalbum ignorierte das Quartett aus Chicago jegliche Formen falscher Zurückhaltung und kleidete seine kurzweiligen Indie-Punk-Tracks mit allerlei Persönlichem aus. Davon gibt es nun noch mehr. Die Band um Sänger und Gitarrist Sam Porter zeigt, wie es sich anfühlt, fehl am Platz zu sein, befasst sich mit Entfremdung, emotionalem Missbrauch und der Suche nach Identität an sich. Und das in mächtige, mitreißende Hymnen mit der gebotenen Portion Schwermut gekleidet. Das liest sich nicht nur spannend, es klingt auch so: „[laughs]“ entpuppt sich als packendes zweites Album.

Bleibt tatsächlich alles immer gleich? Diesen Schluss zieht der Refrain von „Guilt Like A Gun“ und findet kein Entkommen, selbst bei größter Anstrengung. Das energische, durchaus forsche Arrangement mit seinen melancholisch angehauchten Strophen und der Aufbruchsstimmung im Chorus kommt mindestens so gut wie der überlange Opener „Still Life“, der ganz lässig die Muckis spielen lässt, ohne dabei auf die Pauke zu hauen. Kali Masi wählen den Weg des melodischen Widerstands und packen am Höhepunkt verschmitzten Charme aus, der sogar eine feine Prise Emo in den Mixer packt, ohne sich vollends in derlei Gefilde zu ergehen – es bleibt bei einem kleinen Aufflackern, einer eigentümlichen Note zum vollkommenen Glück.

Davon bringt „Recurring (I)“ mehr aufs Tableau. Eigentlich passiert zumindest anfangs herzlich wenig, möchte man meinen, während der Song in schleppender Cursive-Manier anrollt und eine ähnlich wütende, sperrende Eruption aus dem Nichts zutage fördert – ein kurzes Aha, ein kleines Aufhorchen, eine unterhaltsame Wendung. Im Gegenzug scheint „Hurts To Laugh“ in seiner Überlänge mit balladesken Elementen zu flirten, nur um einen imaginären Sprint-Schalter umzulegen und melodischen Punk durchzudrücken, in weiterer Folge unterhaltsam verwässert und mit einem kleinen Gitarrensolo angereichert. Zwischen den Stühlen und über den Dingen thront „Long Term“, souverän und doch unsicher, packt alles in den Mixer zwischen Hymne, Biss und Nachdenklichkeit. Auch das funktioniert.

Überhaupt „funktioniert“ so ziemlich alles an diesem zweiten Album und verbreitet damit selbst in der ärgsten persönlichen Orientierungslosigkeit des Protagonisten gewisse Unterhaltungswerte. Die Suche nach dem Selbst und der eigenen Rolle in der Gesellschaft macht musikalisch Laune, während die Lyrics unter den Fingernägeln der emotionalen Dauerbelastung brennen. „[laughs]“ blüht auf gleich mehreren Ebenen auf – eine wechselhafte, durchaus hymnische und in manchen Momenten sogar hitverdächtige Platte, hinter der starker Tobak und ein waschechtes Wechselbad der Gefühle lauert. Kali Masi geben sich noch eine Spur persönlicher und aufwühlender, von richtig gutem Songwriting begleitet – ein weiterer Leckerbissen, der sich jede Aufmerksamkeit redlich verdient hätte.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 26.03.2021
Erhältlich über: Homebound Music (Membran)

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