Grand Hotel Schilling – Mir wär lieber wir bleiben hier

Grand Hotel Schilling
(c) David Siebenbrunner

Grand Hotels haben in der Indie-Welt leichtes Spiel. Nach Van Cleef kommt nun Schilling an die Reihe. Grand Hotel Schilling, um genau zu sein, kommen aus Graz und bemühen Post-Indie-Ästhetik – Indie-Mucke, die weit mehr als das ist, und zwar auf allen kreativen Ebenen. Verwirrte Grautöne treffen bei den Österreichern auf kunterbunte, überdrehte Reizüberflutung, gerne überaus eingängig und stellenweise unerwartet eigentümlich inszeniert. „Mir wär lieber wir bleiben hier“ lässt sich vom Titel nicht beeindrucken und wagt sich in die weite Welt hinaus, um dennoch stets zu verweilen.

Ein „Feuer“ breitet sich zu Beginn aus, bestimmt und doch entspannt. Der Sound wirkt angenehm offen, hat ordentlich Luft und gibt sich dennoch zwingend, deutet Pop-Sensibilitäten in Gitarrenklänge um. Der Vorbote „Immer“ verfolgt eine ähnliche Strategie, hat angenehme Ecken und Kanten, brennt sich dennoch sofort ein. Grand Hotel Schilling haben ein Händchen für packende Melodien, aber auch für gute Riffs. Ein solches tummelt sich im grandiosen „Irgendwas mit Medien“, das mit Hingabe schrammelt, aufstampft, und dabei für beste Unterhaltung sorgt. Ein weiterer Moment ungekünstelter Eingängigkeit breitet sich unscheinbar aus.

Gleichzeitig halten die Steirer herzlich wenig davon, den klassischen Indie-Stiefel runterzuspielen. Zwar bewegt sich „Miteinander“ zumindest anfangs in vorhersehbaren Bahnen – etwas gemächlicher, etwas zarter – doch spielt der Schlussakt mit Sprechgesang-artigen Motiven. Das ist gewiss gewöhnungsbedürftig und tritt im deutlich härteren, druckvollen Rausschmeißer „5 Minuten“ ebenso auf. Gegen Halbzeit dreht der Track plötzlich auf HipHop, nimmt das Tempo heraus und ebbt zunehmend ab; keine schlechte Idee, vielleicht eine Spur zu lang ausgereizt. Vergleichsweise klassische Indie-Tracks, darunter das kantige „Insgeheim geheim“ sowie das verspielte „Filter für alle“, unterhalten dafür doppelt.

In ganz seltenen Momenten fehlt noch ein Hauch Feinschliff, doch klingen Grand Hotel Schilling schon jetzt verdammt stark. „Mir wär lieber wir bleiben hier“ ist eine Indie-Platte, die eigentlich nur rudimentär mit Indie zu tun hat, und stattdessen zur Spielwiese für Musikliebhaber und Songwriter aus Leidenschaft wird. Die vier Österreicher scheuen keine Experimente, lieben Überraschungen und erzählen obendrein kurzweilige Geschichten, in die man sich prima hineinversetzen kann. Davon darf es sehr gerne mehr geben.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 27.08.2021
Erhältlich über: Wohnzimmer Records (Rough Trade)

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