Spectres – Hindsight

Spectres
(c) Analissa Longoria

Raus aus dem Schatten, rein in … noch mehr Schatten: Mit ihrem Artoffact-Deal und dem Album „Nostalgia“ konnten sich Spectres endlich ein größeres Publikum für ihren unterhaltsamen Mix aus Post Punk und Death Rock erspielen. Ihre bisherigen Platten wurden inzwischen ebenfalls neu aufgelegt, doch gibt es noch so viel Material von Kleinformaten und Live-Sessions, das seit geraumer Zeit vergriffen ist. Damit soll nun aber Schluss sein, denn „Hindsight“ vereint Rohdiamanten aus der Frühphase mit ein paar neueren Tracks.

Besagtes frisches Material taucht ganz zum Schluss auf. „To The Victor“ wirkt wie eine Fortsetzung des letzten Albums mit fatalistisch-romantischen Untertönen, finsterem Boogie und großen, ausladenden Gesten. Erhobenen Hauptes reiten die Kanadier der Apokalypse entgegen. Hingegen überrascht „Tell Me“ mit Synthie-Pop/Rock und Tanzbarkeit. Die gefühlte Verneigung vor New Order ist tief in den 80er Jahren verankert und bricht geschickt mit den Erwartungen. Und doch bleibt die Spectres-DNA in jeder Sekunde vorhanden, spürbar. Das gelungene Experiment könnte spannende Zukunftsaussichten bereithalten.

Im krassen Gegensatz dazu holt das Ktalogwerk greifbare Geschichte ins Studio. „Pattern Recognition“ ist gewiss einer der lebhaftesten Songs im Spectres-Katalog, wunderbar hibbelig und aggressiv, definitiv punkiger denn je. Hingegen rollt „Death War“ in aller Gemächlichkeit durch den Vorgarten von Killing Joke und Joy Division, sicherlich betont derivativ, aber eben auch richtig gut. Das wütende, von scheppernden Drums angetriebene „Visions Of A New World“ bleibt ebenfalls hängen. Eine dreiteilige Live-Session für die Radioshow „Part-Time Punks“ fängt die magische Bühnen-Energie des Quintetts ein, besonders im sehnsüchtigen „Crosses And Wreathes“ hervorragend zu hören.

Keine Resterampe, sondern gefühlt ein vollwertiges Studioalbum: „Hindsight“ zeigt Spectres in bestechender Form. Die Sammlung des Frühwerks unterhält, die neuen Songs schlagen die Brücke zu einer möglicherweise poppigeren Zukunft und die Live-Session verpasst der Quasi-Gegenwart einen erfrischenden Tritt in den Allerwertesten. Unterm Strich gibt es mehr von Spectres in Bestform zu hören, von den bedrohlichen Post-Punk-Anfängen mit apokalyptischem Fatalismus über romantische Düsternis bis zu elektronisch-poppigen Mini-Überraschungen. So schön kann eingängige Beklemmung klingen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 05.11.2021
Erhältlich über: Artoffact Records (Cargo Records)

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