John Moreland – Birds In The Ceiling

John Moreland
(c) Angelina Castillo

Antworten werden überbewertet. John Moreland hat keine und bezweifelt, das sonst jemand welche bieten kann. Stattdessen werfen die Songs des 37jährigen aus Tulsa, Oklahoma Fragen auf. Er versucht, die Welt um sich herum zu verstehen, und tut dies mit den Werkzeugen eines Folk-Musikers, der aus den engmaschigen Verhältnissen seines vermeintlichen Käfigs ausbrechen möchte. Die ruhigen, meditativen und doch eindringlichen Songs nehmen ein gewisses Eigenleben an, waren unter anderem in „Sons of Anarchy“ zu hören und führten zu diversen Late-Night-Auftritten. Auf „Birds In The Ceiling“ verbreitet Moreland einmal mehr seine ureigene Magie.

Zu den Herzstücken zählt gewiss „Cheap Idols Dressed In Expensive Garbage“, inspiriert von Pastoren, die sich auf Social Media mit Designerkleidung präsentieren. Moreland arbeitet mit Beats, mit Percussion, mit Elektronik, erweitert gängige Folk-Muster um drastische und doch minimalistische Wucht, die ein wenig an Jono McCleery erinnert. Die schneidende Art und Weise, wie der Songtitel im Mini-Refrain wiederholt wird, brennt sich sofort ein. Mindestens so stark fällt jedoch der Mittelteil mit ein wenig Piano und Düsternis, die dem Geschehen zusätzliche Schattierungen verleihen, aus.

Hingegen befasst sich Moreland in „Neon Middle June“ mit der Beziehung zu seiner Frau, die sich während Pandemie und Isolierung noch weiter intensivierte – ’seltsam und wunderschön‘, wie es der Singer/Songwriter selbst nennt. Das endlose, bezaubernde Arrangement mit Piano-Untermalung wirkt intim und doch weltoffen. In „Lion’s Den“ kommt hingegen Morelands Faible für Pop durch. Zumindest wirkt die Präsentation fast schon radiofreundlich mit seiner Kombination aus beatesker Elektronik und präzisem Akustik-Picking – ein schwebender Wirbelsturm der reduzierten Art, so anspruchsvoll wie ausdrucksstark.

Überhaupt handelt es sich hierbei um eine jener Platten, wo man sich wunderbar fallen lassen kann. John Moreland folgt weiterhin seinen meditativen Wurzeln, was jedoch keinesfalls mit Langeweile gleichzusetzen ist. Auch „Birds In The Ceiling“ setzt sich über Folk- und Songwriter-Erwartungen hinweg. Piano und Elektronik dürfen, nein, müssen geradezu aktiv mitwirken, setzen spannende Farbtupfer und harmonieren wunderbar mit dem Storytelling des US-Amerikaners. Es ist eine Platte für die stillen und doch so schönen Momente im Leben geworden, aufwühlend, ehrlich und von ausgesuchter Schönheit. Eben Moreland in absoluter, willkommener Bestform.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.07.2022
Erhältlich über: Old Omens / Thirty Tigers (Membran)

John Moreland @ Home | @ Facebook
„Birds In The Ceiling“ @ Amazon kaufen