American Grandma – Rare Knives Of Light

American Grandma
(c) Madeline Johnston

In den Händen von Jaden Keller und Caden Marchese wird Slowcore zur zermürbenden wie bezaubernden Kunstform. Als American Grandma sorgt das Duo aus Denver für betont erdrückende Langsamkeit, die gerne mal in Richtung Alternative, Gaze und Ambient ausschlägt. Exakt das bemüht auch das mittlerweile vierte Album, das sich mehr denn je in die Formlosigkeit und Lockerheit des Genres vorwagt und Arrangierungen zum losen Fleckerlteppich der treibenden Seelensuche erklärt. „Rare Knives Of Light“ sucht und findet den Minimalismus.

Dass es nicht viel braucht, um für gefühlvolle wie verstörende Magie zu sorgen, zeigt unter anderem „Shenna“. Die ohnehin reduzierte Slowcore-Instrumentierung wird auf ein absolutes Minimum geschröpft und verzichtet auf Drums. Ätherischer Gesang, schwebende Gitarren und verwaschene Störsignale begleiten das Geschehen. In „Stone Cross“ mutet das Grundthema hingegen fast schon folkig an, schraubt die Effektgeräte zurück und bemüht stattdessen eine Vielzahl an Vocal-Spuren, die für gespenstische Echos sorgen. Rundherum werden die Saiten bedächtig angeschlagen, aber bestimmt.

Diese musikalische Verknappung bleibt erhalten, beispielsweise in „No More Guns In The Valley“. Das unheimliche Schimmern nebst verwaschenen, gelegentlichen aufbrandenden Klaviertönen verstärkt den unwirklichen Eindruck noch weiter. Hingegen hat „All Hands Lost“ stellenweise etwas von einem sonoren Brummen, einer nicht von der Hand zu weisenden Missmutigkeit, die mit feinen Harmonien und himmlischen Vocals kollidiert. Das dürfte nicht funktionieren, macht aber Laune. Ähnliches gilt für „Hope Loop“, wo ausnahmsweise gelooptes Klatschen als rhythmusstiftendes Instrument eingesetzt wird. Selten waren American Grandma der Elektronik so nah.

Was hier genau passiert, bleibt häufig ein Rätsel. Und doch ziehen diese 26 Minuten sofort in ihren Bann, weil das US-Duo selbst für Slowcore-Verhältnisse so gut wie alles anders macht, und zwar mit geschmackvoller Methode. „Rare Knives Of Light“ lebt in seiner ganz eigenen Welt, die einfach nicht loslässt. Komplett ohne Schlagzeuger und meist ohne rhythmische Untermalung lassen sich American Grandma in unwirkliche Weiten fallen, während die Musik nach unmöglichen Antworten auf unwirkliche Fragen sucht. Das gekonnte Fremdeln eines ureigenen Sounds, gepaart mit großartiger Lautmalerei und fein-minimalistischem Soundscaping, macht Laune. Was für ein bizarrer wie einnehmender Trip.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 07.04.2023
Erhältlich über: Decade Year

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