Jamie Beale – Hello Nimbus

Jamie Beale
(c) Colin Hawkins

Um im Lockdown nicht komplett durchzudrehen, suchte und fand Jamie Beale eine eigene Welt, bemühte Eskapismus in Zeiten der Isolation und schrieb eigene Songs. Der Versuch, stets eine halbwegs positive Einstellung zu behalten und dabei die eigene Komfortzone zu verlassen, regte letztlich seine Kreativität an. Der Brite konnte mit seinen bisherigen Singles bereits einiges an Radio-Airplay genießen und wagt sich nun an das Albumformat. „Hello Nimbus“ ist eine kleine, (noch) versteckte Perle, die sich ordentlich Aufmerksamkeit verdient hat.

Das fluffige „Borderline“ macht klar, warum sich der Airwave-Einsatz quasi von selbst ergeben hat. Sympathische Leichtigkeit, tiefe Entspannung und blubbernder Pop-Charme bewegen sich jedoch von etwaigen Bubblegum-Befürchtungen weg – sehr melodisch, aber auch im besten Sinne eigenwillig. Dieser Ohrwurm kann sich nicht abnützen. Das gilt auch für das folgende „King Godzilla“. Eine Prise Funk mischt an vorderster Front mit, zudem erinnert Beale in den Strophen nicht zum letzten Mal an Richard Archer von Hard-Fi. Das in den richtigen Momenten herrlich lebhafte Arrangement komplettiert diesen Eindruck.

Noch stärker kommt dieser im abschließenden Epos „Charade“ durch. Beale löst sich von letzten Erwartungen mit einem Neunminüter, der sich sehr langsam, bedrohlich und tanzbar aufbaut, dabei aber stets eine herrlich sanfte Note in sich trägt. Das ausufernde, klassische Gitarrensolo und die zunehmende Entstellung in endlosen Schleifen der Wiederholung verstärkt den zeitlosen Eindruck, den dieses Epos hinterlässt. Auch „When It All Comes Down“ lässt sich etwas Zeit, spielt mit semi-balladesken Elementen, mit einer Prise Britpop, mit kleineren Experimenten. Stellenweise geht das fast schon als Art-Pop durch, nimmt etwas Chamber mit und bleibt dabei stets launig.

Viele feine Momente, groß wie klein, ziehen sich wie ein roter Faden durch dieses Album. Beale ist schon jetzt ein starker Songwriter, der ein Gespür für gute Melodien hat, ohne sich komplett in etatmäßige, vorhersehbare Radio- und Streaming-Formelhaftigkeit drängen zu lassen. Ja, natürlich geht das Gros von „Hello Nimbus“ sofort ins Ohr und lässt sich prima mitsummen. Es ist aber zugleich auch ein anspruchsvolles Werk mit mehr als nur einem doppelten Boden, mit Experimenten, mit manch einer Überraschung. Spätestens jetzt sollte man Jamie Beale unbedingt am Radar haben.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 25.11.2022
Erhältlich über: Eigenvertrieb

Jamie Beale @ Facebook
„Hello Nimbus“ @ Amazon kaufen