Splinter – Role Models

Splinter
(c) Lupus Lindemann

Vor einigen Jahren bestritten die beiden niederländischen Bands Death Alley und Birth Of Joy eine letzte gemeinsame Tour, bevor sie sich auflösten. Musiker beider Formationen fanden sich als Splinter im Proberaum wieder, veröffentlichen mehrere Singles sowie ein Album beim Kadavar-Label Robotor und landeten schließlich bei Noisolution. Der vielschichtige Sound, der retrolastigen Rock gerne mal auf die Tanzfläche, dann wieder auf die schweißgebadete Club-Bühne hievt, liefert Überraschungen am laufenden Band, von Sarkasmus und Message begleitet. „Role Models“ ist ihre zweite, nicht minder unterhaltsame Platte.

Forsch, drückend und doch so locker: „Soviet Schoolgirl“ ist der perfekte Auftakt für dieses Album, zeigt sich unterhaltsam und doch ausufernd – bei gerade einmal dreieinhalb Minuten Spielzeit ein Kunststück für sich. Mächtige Hard-Rock-Vibes im Chorus machen Laune, dann taucht der Track in 80s-Gefilde mit Wave-Untertönen ein. Das ellenlange „Bottom“ im direkten Anschluss spielt sich in aller Gemütlichkeit frei und bringt ein gewisses Augenzwinkern mit. Was in anderen Händen ein überdimensionaler Arena-Rock-Track mit 70s-Flair geworden wäre, kommt hier erdig rüber, von einer prominenten Hammond-Orgel begleitet, stampfend und sogar dezent proggig im Abgang – wie auch immer das funktioniert.

Das ‚Wie‘ darf im Laufe der 40 Minuten immer wieder hinterfragt und mit einem Schulterzucken beantwortet werden. Irgendwie passt alles zusammen, siehe unter anderem „Forbidden Kicks“. Kompakter, schnörkelloser Rock aus der Garage mit punkigen Untertönen räumt in aller Kürze ab. Tatsächlich erschien der Song vorab als B-Seite von „Velvet Scam“, das sich mehr denn je in poppige Wave-Gefilde vorwagt, etwas Post Punk andeutet und mit gewisser Lässigkeit sofort ins Ohr geht. Das drückende, hochtrabende und zugleich unverschämt eingängige „Medicine Man“ holt sich eine Prise Sleaze an Bord und deutet diese zum überdimensionalen Ohrwurm um. Dass im direkten Anschluss mit „Computer Screen“ ein kurzes, akustisches Zwischenspiel folgt, passt ins Bild.

Nie weiß man so recht, was sich hinter der nächsten Tür verbirgt, und das macht „Role Models“ so unfassbar sympathisch. Eine unüberschaubare Fülle an packenden Ideen versteckt sich in diesem Zweitling, gerne mal abstrus und seltsam, aber immer unterhaltsam bis charmant. Drückende Rocker, Stadion-taugliche Hymnen, schweißtreibende Garagen-Tracks und kleine, aber mit Sicherheit feine Experimente schwirren herum. Splinter wollen Rock nicht neu erfinden, bedienen sich stattdessen beherzt in verschiedensten Gefilden und Epochen und haben hörbar Spaß daran. Dass dabei ein von vorne bis hinten kurzweiliges, mitreißendes Album rauskommt, ist ein mehr als angenehmer Nebeneffekt.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 25.08.2023
Erhältlich über: Noisolution (Edel)

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